Risikomanagement

Was braucht ein Unternehmen, um eine Krise zu überstehen?

Resilienz

Pandemien, Lebensmittelskandale, Insolvenzen, persönliche Verluste – wie Resilienz, die Fähigkeit, mit Schwierigkeiten und Krisen angemessen und flexibel umzugehen, Führungskräften und Mitarbeiter helfen kann.

Resilienz
Foto: Jonny Caspari / Unsplashplash

Menschen reagieren unterschiedlich auf unerwartete Ereignisse und Veränderungen. Denn die seelische Widerstandskraft, die Resilienz, entscheidet darüber, wie gut wir mit Krisen umgehen können. Wer innerlich robust ist, kann Stress und anstrengende Zeiten gut überstehen oder sogar an ihnen wachsen. Dabei ist es wie im Sport: Wer Muskeln und Kreislauf nicht regelmäßig trainiert, gerät bei der kleinsten Anstrengung schnell aus der Puste. Entsprechend: Wer seine Denk- und Verhaltensmuster immer wieder überprüft und reflektiert, wird in schwierigen Situationen nicht so schnell aus der Bahn geworfen.

Aus meiner eigenen Coachingpraxis weiß ich, dass es zweifelsohne Menschen gibt, denen eine gewisse resiliente Grundstimmung in die Wiege gelegt ist. Wer jedoch mit wenig Resilienz ausgestattet ist, kann sein „seelisches Immunsystem“ und damit seine Führungskompetenz gezielt trainieren und stärken.

Was ist Resilienz?
Der Begriff „Resilienz“ stammt vom lateinischen „resiliere“ und bedeutet „zurückspringen“ und „abprallen“. Mit Resilienz werden die inneren Kräfte bezeichnet, die dabei helfen, Krisen und Schwierigkeiten zu überwinden und sogar gestärkt aus ihnen hervorzugehen. Das trifft sowohl auf das private als auch auf das berufliche Leben zu.

Nach den Vorstellungen der humanistischen Psychologie streben alle Menschen nach einem glücklichen, erfüllten Leben: Sinn finden, Werte verwirklichen, Beziehungen pflegen und persönlich wachsen. Es fällt auf, dass einige Menschen trotz ungünstiger Rahmenbedingungen und Voraussetzungen Schicksalsschläge und Krisen gut überwinden, während andere psychisch daran zerbrechen. Offensichtlich sind es nicht die Katastrophen selbst, die das Leben gelingen lassen oder nicht, sondern die Art und Weise, wie Menschen mit der Situation umgehen.  

„In einigen Fällen kann eine Krise oder Katastrophe dazu führen, sich von eingefahrenen, unrealistischen Vorstellungen zu verabschieden und neue, konstruktive Wege zu gehen. Das trifft auf die persönliche Entwicklung ebenso wie auf das Unternehmen zu.“

Alexandra Wachendorfer

Coach und Unternehmensberaterin aus Bonn

Nach Turbulenzen die Kontrolle wiedergewinnen

Eine resiliente Betriebsführung zeichnet sich durch die drei Grundhaltungen Akzeptanz, Optimismus und Lösungsorientierung aus. Wer beispielsweise akzeptiert, dass Wetterkapriolen und Marktschwankungen – und auch Pandemien – Teil des Wirtschaftslebens sind, die sich weder vermeiden noch spurlos beseitigen lassen, hat schon einmal einen wichtigen Schritt getan.

Sinnvoll ist es daher, sich nicht gegen Umstände aufzulehnen, auf die man keinen Einfluss hat, oder dauerhaft damit zu hadern, dass sich die Dinge anders als erwünscht entwickelt haben. Besser ist eine akzeptierende Grundhaltung dafür, unabänderliche Gegebenheiten konstruktiv zu verarbeiten und in das private und geschäftliche Leben zu integrieren.

Akzeptanz erfordert Geduld. Jedoch nicht im passiven Sinne, sondern als aktive Entscheidung, als sogenannte Wartekraft. Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist Optimismus – die Zuversicht, dass die Dinge sich auch ohne unser drängendes Zutun neu ordnen.

Während sich Pessimisten in Krisensituationen auf ihre Probleme konzentrieren, suchen Optimisten zeitnah nach Lösungen. Diese Grundhaltung wirkt wie ein Filter für die Wahrnehmung und führt zu unterschiedlichen Gedanken und konkreten Handlungen. Wer überzeugt davon ist, dass er die Situation meistern kann, fühlt sich nicht hilflos. Dabei geht es nicht darum, alles zu wissen oder zu können. Es geht darum zu wissen, was man braucht, lernen muss, um die notwendigen Unternehmensentscheidungen zu treffen und umzusetzen.

Resilient aus dem Lockdown

Resiliente Führungskräfte ignorieren die aktuelle Corona-Pandemie und ihre bisher nicht absehbaren Folgen nicht! Sie haben aber grundsätzlich eine positive Sicht auf die Welt und konzentrieren sich auf die Stärken ihres Unternehmens. Anstatt viel Zeit und Energie darauf zu verwenden, über aktuelle oder mögliche Probleme zu grübeln oder sich zu beklagen, konzentrieren sie sich darauf, ihre Ressourcen zu aktivieren. Aus der Hirnforschung ist unlängst bekannt, dass dieser Zustand dazu führt, neue Perspektiven und kreative Lösungen zu finden. Bereits vor einigen Jahren haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität für Bodenkultur Wien wichtige Merkmale der Resilienz für die Betriebsführung charakterisiert. Hierzu gehören unter anderem:

  • Lernen mit Veränderungen zu leben, durch einen modularen Aufbau des Unternehmens und das Bewahren schnell mobilisierbarer Ressourcen auch in „ruhigen Zeiten“
  • Achten auf eine angemessene Vielfalt durch die Diversifizierung der Unternehmensbereiche
  • Pflegen unterschiedlicher Vermarktungswege und Rohstofflieferanten
  • Beobachten von Verbrauchertrends sowie Preisentwicklungen und Nachfrageverschiebungen
  • Netzwerken und kooperieren mit Branchenpartnern; sie sind in der Krise wichtig als Informationsquellen und für ein gemeinsames (Branchen-)Verständnis mit gemeinsamen Zielen und Werten
  • Integration der jungen Generation, denn sie bringt neue Ideen

Bei sämtlichen Aspekten geht es nicht darum, dem Modell eines perfekten resilienten Betriebes nachzujagen. Effektiver ist es, in einem dynamischen Anpassungs- und Entwicklungsprozess Instrumente zu entwickeln, mit denen Miarbeiter, Führungskräfte und das Unternehmen für Krisenzeiten gut aufgestellt sind.

So trainieren Sie Ihre persönliche Resilienz

1

Akzeptanz

Nehmen Sie sich Schonräume und -zeiten, in denen Sie ruhig überlegen, was Sie bereits akzeptieren können und was nicht. Worüber regen Sie sich auf, obwohl Sie es nicht ändern können?

Morgen gibt es neue Sorgen! Worüber haben Sie sich vor fünf Jahren Sorgen gemacht? Erkennen Sie, dass sich vieles im Laufe der Zeit gelöst hat.

Akzeptieren Sie Ihre eigene Leistung und Ihren persönlichen Führungsstil! Sagen Sie zu sich: „Ich leiste meinen Beitrag und tue mein Möglichstes, damit unser Unternehmen erfolgreich ist.“

Nehmen Sie auch jene Dinge wahr, die Sie lieber verdrängen würden. Das ist die Voraussetzung, damit Sie sich selbst akzeptieren.

2

Optimismus

Steuern Sie Ihre Denkgewohnheiten! Wenn Sie sich bei einem pessimistischen Gedanken ertappen, sagen Sie innerlich: „Stopp!“ Setzen Sie neue Gedanken dagegen, wie „Auch das wird vergehen“ oder „Ich werde eine gute Strategie entwickeln“.

Überlegen Sie gezielt, was Sie „geistig zu sich nehmen“. Unser Gehirn verarbeitet das, womit wir es füttern. Wer sich nur mit den negativen Schlagzeilen der Marktsituation beschäftigt, wird automatisch mutlos und deprimiert. Beschäftigen Sie sich auch mit der positiven Seite der Geschehnisse!

Lachen Sie über sich selbst und die jeweilige Situation. Finden Sie Ihre Quellen für Humor und Leichtigkeit, und pflegen Sie diese!

3

Lösungsorientierung

Suchen Sie nicht immer das Haar in der Suppe!

Denken Sie sich drei Möglichkeiten aus, wie Sie Ihr Problem lösen können. Damit schaffen Sie das Gefühl einer echten Wahl, und es werden Ihnen weitere Optionen einfallen. Bewerten Sie die Optionen nicht. Sie können auch Mitarbeiter oder Freunde einbeziehen – real oder in Gedanken.

Sorgen Sie für ausreichend Entspannung! Während Sie sich ausruhen, arbeitet Ihr Unterbewusstsein an dem Problem weiter. Gute Ideen und Lösungen kommen selten am Schreibtisch, sondern oft als Geistesblitze in der Natur oder bei lockeren, kreativen Tätigkeiten.