Retail Insights

4 Tipps, wie Sie mit unangenehmen Kunden fertig werden

Luftballons mit Gesichtern
Foto: Hyprid
Gar nicht so einfach: Kunden. Foto: Hyprid

Bei unangenehmen Kunden hilft „Der Vierer“

Nichts persönlich nehmen, ruhig und höflich bleiben – so lautet die Devise, wenn es um den Umgang mit schwierigen bis hin zu aggressiven Kunden geht. Der Kommunikationstrainer und Coach Sascha Schröder erklärt, wie Sie inhaltlich auf Anfeindungen und Nörgeleien reagieren können.

Sascha Schröder

LP: Was raten Sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an der Kasse im Supermarkt, die mit schwierigen Kunden konfrontiert sind? Wenn sich jemand beispielsweise nicht an die aktuell gebotenen Abstandsregeln hält oder darum streitet, wie viele Packungen Nudeln oder Desinfektionsmittel er kaufen darf?

Sascha Schröder: Fühlen Sie mit! In solchen Fällen hat sich der „Vierer“ als gut erwiesen: Also Sätze aus: (1) Verständnis und Empathie, (2) Annahme und Quittierung, (3) eigentliche Information und (4) Hilfe oder – wie wir es nennen – Suche nach dem Wir. Als Beispiel bei einer Diskussion zum Abstand: „Ich verstehe Ihren Unmut“ wäre dementsprechend die erste Reaktion. Empathisch sein heißt, zu vermitteln: „An Ihrer Stelle wäre ich oder bin ich auch verstimmt“. Damit verliert die Situation bereits deutlich an Brisanz.

Aber sollte ich nicht auch inhaltlich argumentieren?

Im Kommunikationstraining nenne ich den nächsten Schritt Quittieren. Machen Sie deutlich, dass die Botschaft des Gegenübers angekommen ist. Zum Beispiel: „Diese Beanstandung höre ich heute leider öfters“. Damit haben Sie den Nörgler oder Streiter abgeholt. Der dritte Satz soll die Information enthalten, die für mich wichtig ist, wie beispielsweise: „Dies sind die Vorgaben, die ich erfüllen muss“. Der vierte und letzte Schritt ist die Hilfe, beziehungsweise das Suchen nach dem Wir. Also in diesem Fall: „Ich hoffe, wir können gemeinsam diese Situation lösen“ oder „leider kann ich die Situation derzeit nicht lösen“, damit helfen sie allen Beteiligten.

Das funktioniert dann immer?

Körpersprache macht hier mindestens 60 bis 90 Prozent aus. Als Tipp: Die beste Verhaltensweise ist der sogenannte Armkreis. Sie legen die rechte Hand um das Handgelenk der linken und berühren, wenn möglich, mit dem Mittelfinger das Erbsenbein an der linken Hand (kleiner Knochen). Das nimmt Stress raus.

Und wenn der Kunde danach noch immer keine Ruhe gibt?

Das oben Beschriebene ist gut praktikabel und sollte zu 90 Prozent wirken. Tausendfach erprobt. Notfalls kann der Satz „Bedauerlicherweise gelten die Vorschriften jetzt“ drei Mal wiederholt werden. Es gibt aber auch diese Situationen, in denen Menschen mit nichts mehr, außer Autorität, beizukommen ist.

„Wenn sie mal Mäuschen spielen würden, was nicht nur unsere Mitarbeiter, sondern auch die Polizei oder Sanitäter alles mitmachen müssen, dann kann man durch aus verstehen, wenn jemand der Kragen platzt. Es gibt immer wieder Spezialisten, die alles besser wissen, die sich nichts sagen lassen wollen, die sich beschweren wollen, die ihr Geld zurück haben möchten.“

Ingo Mertens

Special Security Services, Bergheim

4 Tipps für den Umgang mit unangenehmen Kunden


1

Verständnis und Empathie

Fühlen Sie mit!
„Ich verstehe Ihren Unmut.“
„An Ihrer Stelle wäre oder bin ich auch verstimmt.“

2

Annehmen und Quittieren

Machen Sie deutlich, dass die Botschaft des Gegenübers angekommen ist!
„Diese Beanstandung höre ich heute leider öfter.“
„Aus Ihrem Blickwinkel haben Sie vollkommen recht.“

3

Sagen, was wichtig ist

Transportieren Sie die Informationen, die für Sie wichtig sind!
„Dies sind die Vorgaben, die ich erfüllen muss.“
„Selbst im Lager haben wir keine Ware mehr.“
„Ich kann Ihnen nicht sagen, wann neue Ware kommt.“

4

Suche nach Gemeinsamkeiten

Verbinden Sie sich mit dem Kunden und machen Sie sein Anliegen auch zu Ihrem eigenen. Enden Sie möglichst mit einer Frage.
„Wir könnten jemanden bitten, noch einmal im Lager nachzuschauen, sollen wir?“
Gehen Sie davon aus, dass in 90 Prozent der Fälle ihr Gegenüber das nicht tut.

Wie können Thekenmitarbeiter reagieren, wenn ihnen Kunden zu nahe rücken?

Tipps zum richtigen Verhalten gibt Verena Veith. Die selbstständige Thekentrainerin hat sich auf die Arbeit an Servicetheken spezialisiert und kennt sich bei Fleisch und Wurst, Käse und Fisch aus. Gerade ist sie zudem als professioneller Coach für Krisenmanagement sehr gefragt.

Ein kurzer Blick in die wertschätzende Kommunikation

Grundsätzlich gilt: Eine gute Kommunikation im Unternehmen und im Handel hilft, sich gegenseitig zu verstehen und für Konflikte konstruktive Lösungen zu finden. Dies gilt für Führungskräfte wie für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im direkten Kundenkontakt gleichermaßen. Die Art, wie wir miteinander reden und mit welcher Haltung wir uns begegnen, sind entscheidend für das Wir-Gefühl im Betrieb und die Motivation des Einzelnen.

Das Konzept der wertschätzenden Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg beschreibt eine Grundhaltung, die eine Schädigung und Verletzung anderer vermeidet. „Wer im Streit das Anliegen der anderen genauso ernst nimmt wie das eigene, schafft die Grundlage, um nach Möglichkeiten zu suchen, die beide zufrieden machen“, erklärt Andreas Basu, GFK-Trainer und Unternehmensberater. Grundsätzlich halten wir ein Gespräch für gelungen, wenn wir das Gefühl haben, dass wir gehört und verstanden werden. Und zwar so, wie wir es wirklich gemeint haben. Dazu ist es wichtig, dass wir uns aufrichtig zeigen.

Reden ist Silber

Wertschätzende Kommunikation basiert auf vier Elementen

  1. beobachten und nicht interpretieren
  2. fühlen und nicht denken
  3. Bedürfnissse statt Strategien äußern
  4. bitten und nicht fordern.

Beobachten, ohne zu interpretieren oder zu bewerten, ist ein erster wichtiger Schritt, um gut in ein Gespräch zu starten. Vermeiden Sie Du-Botschaften („Sie haben schon wieder die Änderungen nicht in die Datei übertragen. Wie es aussieht, kann ich mich nicht auf Sie verlassen“), denn damit äußern Sie ihre Gefühle und die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass bei Ihrem Gesprächspartner bei dem Wort „schon wieder“ direkt die Rollladen zuklappen und er nicht mehr zuhört. Auch sind befehlen, lächerlich machen, Vergangenes vorhalten oder Schuld zuweisen keine geeigneten Strategien.

Im Geschäftsalltag ist es nicht üblich, über Gefühle zu sprechen. In einigen Situationen, beispielsweise bei Konflikten, Abmahnungen oder Kündigungen, hilft es jedoch, sich zunächst die eigenen Gefühle bewusst zu machen. Überlegen Sie, was Sie mit dem Gespräch verbinden und was Ihnen tatsächlich sprichwörtlich am Herzen liegt. Dann erst formulieren Sie ihr Bedürfnis. Dabei handelt es sich um den Kern des Gespräches. Formulieren  Sie positiv und möglichst abstrakt, zum Beispiel: „Mir ist es wichtig, dass ich mich auf Absprachen verlassen kann.“ Abschließend kommt die Bitte. Hierbei ist es entscheidend, auf Augenhöhe zu kommunizieren. Das heißt, die Bedürfnisse des Gegenübers als gleichwertig der eigenen anzuerkennen.

Schweigen ist Gold

Kommunikation besteht aus Reden und Zuhören. Ohne ein respektvolles, empathisches Zuhören ist ein wertschätzendes Miteinander nicht möglich. Empathie heißt, sich in den anderen hineinzudenken. Wer versucht, die Welt aus den Augen des anderen zu sehen, zeigt eine Haltung, die den anderen ermutigt, sich zu öffnen, sagen Kommunikationsexperten. Dies schafft eine gute Basis, um eine Win-win-Lösung zu finden und gilt nicht nur dann, wenn Führungskräfte mit Mitarbeitern sprechen, sondern auch unter Kollegen gleicher Positionen. Es geht dabei nicht um Mitgefühl oder Sympathie, sondern um interessiertes Nachfragen. Wenn Sie merken, dass sich der Gesprächspartner entspannt und vielleicht auch seine Stimme ruhiger wird, sind gute Voraussetzungen für Lösungen geschaffen.

Bei schwierigen Gesprächen gilt: Sei nicht nett, sei echt, sagt Trainer Kelly Bryson. Dies betrifft sowohl Konflikte im Team als auch das Aussprechen von Kündigungen oder Abmahnungen. So wird die Frage „Herr Schmidt, es fällt mir nicht leicht, Ihnen dies heute zu sagen. Aber ich bin in den letzten Wochen sehr unzufrieden mit Ihrer Arbeit. Wären Sie bereit dazu, mir offen zu sagen, was die Gründe hierfür sind?“ sehr viel eher zu einem offenen Gespräch und konstruktiven Lösungen als reine Abmahnung und Schuldzuweisung.

Schlussendlich gilt, dass eine wertschätzende Kommunikation verbunden mit einem respektvollen Miteinander nicht nur die Zufriedenheit und Verbundenheit der Mitarbeiter stärkt, sondern auch das Image des Betriebes nach außen deutlich prägt und somit einen wichtiger Baustein für das Gewinnen neuer Fachkräfte darstellt.