Warenverkaufskunde

Proteinreiche Lebensmittel

Riegel Proteine
Riegel Proteine
Bildquelle: Jade Wulfraat/Unsplash

Seit einiger Zeit erobern Lebensmittel mit „hohem Proteingehalt“ die Regale. Man findet sie vor allem in den Bereichen Mopro, Frühstückscerealien, Brot, Süßwaren und Snacks. Was bedeutet eigentlich „reich an Eiweiß“? Welchen Mehrwert bieten diese Produkte? Wie viel Eiweiß braucht der Mensch überhaupt? Darüber informiert diese Warenverkaufskunde. Hedda Thielking

Viel Hype um viel Eiweiß

Proteinreiche Lebensmittel sorgen derzeit für viel Aufmerksamkeit. Die einen wurden extra mit Eiweiß angereichert, die anderen enthalten von Natur aus viel Protein.

0,8 Gramm Eiweiß benötigt ein Erwachsener pro Kilogramm Körpergewicht am Tag. Das sind täglich durchschnittlich 57 bis 67 Gramm.

Ob trinkfertige Proteinshakes, Eiweißpulver zum Anrühren oder Power-Riegel – solche proteinreichen Lebensmittel gibt es schon lange. Angeboten werden sie meistens in Fitnessstudios und Drogeriemärkten. Zu den Hauptkunden zählen Bodybuilder und ambitionierte Sportler, die mehr Muskelmasse haben möchten. Das ist auch heute noch so. Was sich geändert hat: Das Angebot an eiweißreichen Lebensmitteln wurde in letzter Zeit erheblich ausgebaut – und zwar vor allem im Lebensmittel-Einzelhandel (LEH). Ob Brot, Milchprodukte, Wurst oder Speiseeis – heute findet man in vielen Warengruppen Produkte mit der Extra-Portion Eiweiß. Laut Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) erzielten solche Produkte in den vergangenen fünf Jahren durchschnittlich ein Umsatzplus von mehr als 60 Prozent. Möglicher Grund für die erhöhte Nachfrage: Eiweißreiche Lebensmittel sollen angeblich schnell sättigen und beim Abnehmen sowie beim Muskelaufbau helfen. Wer proteinreiche Lebensmittel isst, wird aber nicht automatisch schlank. Letztendlich entscheidet die Energiebilanz – also das Verhältnis zwischen Energiezufuhr und Energieverbrauch (etwa durch Bewegung) – darüber, ob man abnimmt oder nicht. Laut einer Mintel-Umfrage im Jahr 2017 sagten etwa die Hälfte aller Befragten, dass es ihnen schwer fällt zu wissen, ob sie täglich genug Protein zu sich nehmen. Vielleicht greifen sie auch deshalb „vorsorglich“ zu eiweißreichen Artikeln und nehmen den meist höheren Preis in Kauf. Kurzum: Mit den proteinreichen Lebensmitteln werden nicht nur ernährungs- und fitnessorientierte Verbraucher, sondern auch „die breite Masse“ angesprochen. Deshalb stellen sie auch für den LEH eine interessante Produktgruppe dar. Im Folgenden werden Produkte, die mit Eiweiß extra angereichert wurden und solche, die von Natur aus „reich an Protein“ sind, kurz vorgestellt.

Eiweiß: Funktion und Bedarf

Proteine (= Eiweiße) zählen wie Kohlenhydrate und Fette zu den lebensnotwendigen Hauptnährstoffen. Sie alle liefern Energie. Proteine haben lebenswichtige Funktionen im Körper: Sie sind Baustoffe für Zellen und Gewebe, zum Beispiel für Muskelfasern, Organe und Blut. Des Weiteren dienen sie als Baustoffe für Enzyme, Hormone und Antikörper, als Gerinnungsfaktoren für die Blutgerinnung sowie als Transportsubstanzen für Nährstoffe. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Jugendliche und Erwachsene bis unter 65 Jahre 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht am Tag. Eine 70 Kilogramm schwere Person benötigt zum Beispiel 56 Gramm Eiweiß am Tag. Für Erwachsene über 65 Jahre gibt die DGE einen Schätzwert von 1 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht an. Wer meint, dass übergewichtige Menschen mehr Eiweiß als Normalgewichtige benötigen, irrt. Ihre benötigte Proteinmenge richtet sich nach ihrem theoretischen Normalgewicht.

Extra-Portion Eiweiß

Die Produkte werden zum Beispiel mit Magermilchpulver, Molkenprotein, Erbsen-, Weizen- oder Sojaprotein angereichert.

Brot Eiweiß
Bildquelle: Wesual Click/Unsplash

Brot: Beim Eiweißbrot ersetzt man einen Teil des Mehls durch pflanzliches Protein. Dies stammt vor allem aus Weizen und Hülsenfrüchten wie Soja, Erbsen oder Ackerbohnen. Je nach Sorte kann auch tierisches Eiweiß wie Molkenprotein enthalten sein. Mit 20 bis 22 Gramm pro 100 Gramm (ca. 2 Scheiben) enthält das Eiweißbrot etwa dreimal so viel Eiweiß wie ein klassisches Vollkornbrot. Aber aufgepasst. Es liefert auch 9 bis 13 Gramm Fett, während herkömmliches Vollkornbrot durchschnittlich mit 1 bis 3 Gramm Fett auskommt. So kann ein Eiweißbrot je nach Sorte rund 20 Prozent mehr Kalorien enthalten.

Müsli Früchte
Bildquelle: Margarita Zueva/Unsplash

Müsli: Ein herkömmliches Früchte-Vollkornmüsli enthält etwa 11 Gramm Eiweiß pro 100 Gramm. Ein Proteinmüsli kann die drei- bis fünffache Menge enthalten. Hier sorgen vor allem Sojaflocken, mitunter auch Molkenproteinkonzentrat, Magermilchpulver, Erbsen-, Weizen-, Sojaprotein oder isolierte Proteine für den hohen Eiweißgehalt. Letztere wurden durch chemische Prozesse aus ihren ursprünglichen Quellen „herausgelöst“. Je nach Produkt können darin auch Zucker, Zusatzstoffe wie Stabilisatoren sowie Aromen stecken.

Riegel: Proteinriegel sind vor allem bei Sportlern beliebt. Hierbei handelt es sich meistens um einen Mix aus verschiedenen Eiweißen. Das können zum Beispiel Soja-, Milch- und Molkeneiweiß sowie Getreide sein, die oft mit Nüssen und Schokolade kombiniert werden. Ein 60-Gramm-Riegel kann zum Beispiel 16 Gramm Eiweiß liefern. Je nach Produkt kann der Riegel auch Zucker enthalten.

Milchprodukte: Im Kühlregal haben sich einige „proteinreiche“ Drinks, Joghurts, Quarks und Desserts etabliert. Diese wurden teilweise zusätzlich mit Milcheiweiß oder Molkenpulver angereichert.

Speiseeis: Je nach Artikel kann ein Protein-Eis die vierfache Menge an Eiweiß und viermal weniger Zucker enthalten als ein herkömmliches Milcheis. Hauptzutaten sind meistens entrahmte Milch und Molkenproteinkonzentrat, das aus Molke gewonnen wird. Letzteres sorgt für den hohen Eiweißgehalt im Produkt. In Proteineis wird zwar oft an Zucker oder Glukosesirup gespart, dafür werden zum Teil Zuckeraustauschstoffe wie Xylit und Erythrit verwendet. Xylit hat etwa halb so viel Kalorien wie Zucker und Erythrit ist kalorienfrei. Er kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken.

Von Natur aus eiweißreich

Viele pflanzliche und tierische Lebensmittel enthalten ohnehin viel Protein und werden oft entsprechend ausgelobt.

Fleisch-Chips: Recht neu auf dem Markt sind Chips aus Fleisch ohne „fremde“ Proteinzusätze. Verarbeitet werden je nach Produkt Schweine-, Rind- und auch Hähnchenfleisch. Für diese Snackartikel wird das Fleisch luft- oder gefriergetrocknet. Oder das Fleisch wird mit Gewürzen gemischt, in Scheiben geschnitten, im Ofen gebacken und dann getrocknet. Alle Herstellungsverfahren entziehen dem Fleisch das Wasser.

Nudeln Sorten
Bildquelle: Immo Wegmann/Unsplash

Nudeln: Neuartige Nudeln können ungefähr mit der doppelten Eiweißmenge aufwarten (ca. 25 bis 30 Prozent im Vergleich zu klassischen Nudeln). Sie bestehen zum Beispiel aus gemahlenen Hülsenfrüchten wie Kichererbsen, Linsen, Soja-oder Mungobohnen.

Skyr: Skyr ist eine Frischkäsezubereitung. Dafür wird entrahmte Milch mit Bakterienkulturen und Lab gemischt. Die Milch gerinnt, dabei bilden sich wässrige Molke und etwas festerer eiweißreicher Käsebruch. Die Molke wird abgegossen und der Bruch aufgeschlagen. Skyr enthält 11 Prozent Eiweiß und 0,2 Prozent Fett.

Wurst: Hersteller von Fleisch- und Wurstwaren bieten ProteinWürste aus geräuchertem Rind-, Schweine- oder Putenfleisch nach Landjäger-Art an. Hier werden eiweißreiche Fleischstücke geräuchert und getrocknet. So beträgt der Eiweißanteil rund 40 Prozent.

Insektenriegel: Sie sind relativ neu auf dem Markt. Sie bestehen aus gefriergetrockneten und gemahlenen Insekten (z. B. Grillen), die von Natur aus eiweißreich sind. Sie werden je nach Sorte mit Früchten, Nüssen oder Schokolade kombiniert. Der Eiweißanteil dieser Riegel beträgt rund 20 Prozent.

Mehl: Mehle aus Sojabohnen, Kichererbsen oder roten Linsen enthalten 20 bis 40 Prozent Eiweiß. Ein Weizenmehl Type 405 enthält nur 10 Prozent. Übrigens: Mehle aus roh verarbeiteten Rote Linsen und Kichererbsen dürfen wegen ihres Phasin-Gehaltes nicht roh gegessen werden. Man kann damit aber heiße Speisen, Suppen und Soßen binden. Es gibt auch Mehl aus Süßlupinensamen sowie Kokos-, Hanf-, Mandel-, Erdnuss-, Sesam-, und Kürbiskernmehl. Sie sind alle glutenfrei.

Was heißt „Hoher Proteingehalt“?

Die Angabe „Hoher Proteingehalt“ oder eine Bezeichnung wie „reich an Eiweiß“ bedeutet, dass mindestens 20 Prozent des gesamten Kaloriengehaltes des Lebensmittels auf den Kaloriengehalt des Proteinanteils entfallen. Ein Beispiel: Ein Müsli mit der Aufschrift „Hoher Proteingehalt“ enthält 424 Kalorien pro 100 Gramm. Davon müssen mindestens 20 Prozent, das sind 85 Kalorien, den Eiweißanteil ausmachen. Da 1 Gramm Eiweiß rund 4 Kalorien liefert, müsste das Müsli mindestens (85:4) 21 Gramm Eiweiß pro 100 Gramm enthalten. Tatsächlich stecken 30 Gramm darin. Lautet die Angabe „Proteinquelle“ müssen auf den Proteinanteil mindestens 12 Prozent des gesamten Kaloriengehaltes entfallen.

Eiweiß in der Ernährung

Fleisch Rosmarin
Bildquelle: Charlie Solorzano/Unsplash

Das große Angebot an proteinreichen Lebensmitteln erweckt den Eindruck, dass die Verbraucher in Deutschland zu wenig Eiweiß mit der Nahrung zu sich nehmen. Stimmt das? Benötigen Veganer und Sportler besondere eiweißreiche Produkte? Gesunde Menschen sind hierzulande ausreichend mit Eiweiß versorgt. Laut der Nationalen Verzehrstudie, einer großen Ernährungserhebung, nehmen sowohl Männer als auch Frauen in Deutschland sogar mehr Eiweiß mit der Nahrung auf als von Wissenschaftlern empfohlen wird. Spezielle Produkte, die mit Protein angereichert sind, benötigen gesunde Menschen deshalb nicht. Die empfohlene Eiweißzufuhr kann man auch mit klassischen proteinhaltigen Lebensmitteln schnell erreichen, z. B. Hülsenfrüchte wie Soja, Linsen und Erbsen sowie Getreideprodukte. Fleisch, Fisch, Milchprodukte und Eier können die Proteinzufuhr ergänzen. Nimmt ein Erwachsener doppelt so viel Protein zu sich wie der Referenzwert vorsieht, wird diese Menge von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) als sicher angesehen. In Maßen gegessen schaden mit Eiweiß angereicherte Lebensmittel dem Körper daher nicht. Aufpassen müssen Erwachsene mit einer eingeschränkten Nierenfunktion, da eine erhöhte Proteinzufuhr ihre Nierenfunktion weiter verschlechtern kann. Vegetarier verzichten zwar auf Fleisch und Fisch, nicht jedoch auf Milch- und Milchprodukte. Diese gelten als gute tierische Eiweißquelle. Als pflanzliche Eiweißlieferanten empfehlen sich Getreideprodukte, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Nüsse und Sojaprodukte. Veganern empfiehlt die DGE pflanzliche Eiweißquellen. Bei einer ausgewogenen vegetarischen und auch bei einer veganen Kost lässt sich der Proteinbedarf ohne spezielle Produkte decken.  Breitensportler, die vier- bis fünfmal pro Woche 30 Minuten bei mittlerer Intensität körperlich aktiv sind, haben keinen erhöhten Proteinbedarf. Leistungssportler sollten sich individuell beraten und betreuen lassen.

Wissen checken

Wer aufmerksam gelesen hat, kann die folgenden Fragen beantworten.

  1. Welche Zutaten können für die Extra-Portion Eiweiß sorgen?
  2. Wie viel Eiweiß benötigt ein Erwachsener?
  3. Was bedeutet „hoher Proteingehalt“?
  1. Zum Beispiel Eiweiß aus Hülsenfrüchten wie Soja, Erbsen sowie Magermilchpulver und Molkenprotein(konzentrat).
  2. 0,8 g pro Kilogramm Körpergewicht.
  3. Mindestens 20 Prozent des gesamten Kaloriengehaltes des Lebensmittels müssen auf den Kaloriengehalt des Proteinanteils entfallen.
Die Warenverkaufskunde erscheint regelmäßig als Sonderteil im Magazin Lebensmittel Praxis. Wir danken dem Bundeszentrum für Ernährung in der BLE für den fachlichen Rat und das zur Verfügung gestellte Material.