Innovation

Spielwiese für Kreative

Wasserflaschen Getränke
Wasserflaschen Getränke
Bildquelle: Jonathan Chng/Unsplash

Die Lebensmittel Praxis blickt auf eine 70-jährige Geschichte zurück. In dieser Zeit hat das Fachmagazin auch die für den Handel wichtige Getränkebranche begleitet. Was Innovationen und Neuerungen angeht, hält kaum eine Warengruppe so auf Trab wie die Getränkeindustrie.

70 Jahre LP – 70 Jahre Getränkebranche. Eine enge Verbindung besteht nicht nur durch den Stammsitz in Neuwied (im benachbarten Koblenz wurde 1904 der erste Deutschen Mineralbrunnen-Verband gegründet), sondern schlicht durch die Bedeutung der Branche für unsere Klientel. Zur Einordnung: Der Bereich der Getränkeherstellung ist die drittgrößte Branche der Nahrungs- und Genussmittelindustrie. Rund acht Prozent des Gesamtumsatzes entfallen auf diesen Bereich. In rund 800 Betrieben der Brauwirtschaft und mehr als 300 Betrieben der Erfrischungsgetränke und Mineralbrunnenindustrie sind rund 53.600 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte tätig.

Perlenflasche als nachhaltiges Zukunftsprojekt

Viele Innovationen kommen bei den Getränkeherstellern auf Ebene der Verpackungs- und Gebindeart. Mit der Perlenflasche, die 1969 von der Genossenschaft Deutscher Brunnen (GDB) auf den Weg gebracht wurde, setzte die Branche auf eine einheitliche Mineralwasserflasche für alle Brunnen. Ein Meilenstein hin zu einem ökologischen Mehrwegsystem. Erst kürzlich hat die DGB eine neue Version dieses Klassikers vorgestellt. Mittlerweile setzen aber auch viele Brunnen auf individuelle Flaschen, die sich besser vermarkten lassen und Aufmerksamkeit schaffen. Aktuell liegen im Zuge der Plastikdebatte Flaschen aus 100 Prozent Rezyklat im Trend. Vilsa, Bad Dürrheimer und sogar Lidl (Saskia) sind nur einige Beispiele hierfür. Mineralwasser ist ein Wachstumsmarkt. Der Pro-Kopf-Verbrauch stieg seit 1969 von durchschnittlich 12 Litern im Jahr auf heute über 140 Liter.

Fanta – Eine deutsche Erfindung aus der Not heraus

Was die Erfindung neuer Getränke angeht, war die Branche schon immer sehr kreativ. Teilweise aus der Not geboren. Welcher Konsument weiß heute noch, dass die Marke Fanta von dem Chemiker Dr. Schetelig in Essen erfunden wurde, da während der Kriegsjahre die Rohstoffe für Coca-Cola knapp wurden? Purer Erfindergeist dürfte Dieter Leipold angetrieben haben, als er 1995 die Bio-“Limonade“ Bionade aus fermentiertem Malz und biologischen Rohstoffen hergestellt hat. Das Getränk erlebte um die Jahrtausendwende vor allem in Großstädten einen Hype, der aber heute wieder abgeflaut ist. Ein bis heute anhaltender, umsatzbringender Trend sind die Energy-Drinks. Der Marktführer Red Bull hat nach eigenen Angaben seit Einführung im Jahr 1987 weltweit mehr als 70 Milliarden (Stand: 2018) Dosen des Getränks verkauft. Mehrere Konzerne teilen sich mittlerweile das lukrative Geschäft und jüngst ist sogar Coca-Cola unter der Dachmarke in das Segment eingestiegen. Der letzte ganz große Trend wurde in Bonn für den deutschen Markt startklar gemacht: 2006 gründeten die Studenten Inga Koster, Marco Knauf und Nicolas Lecloux True Fruits, das erstmals hier zu Lande Smoothies vertreibt. Bisher konnten die Bonner alle Angriffe großer Konzerne abwehren und behaupten sich noch immer als unangefochtener Marktführer beim pürierten Obst.

Was bringt die Zukunft?

Um eine Idee davon zu bekommen, wohin die Reise gehen könnte, hilft ein Blick in die Analyse „Die globalen Mintel Lebensmittel- und Getränketrends“. Die Studie ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit von 60 Experten in über einem Dutzend Länder weltweit. Dieses globale Projekt hat fünf essenzielle Trends identifiziert. Dazu zählt die „radikale Transparenz“. „Verbraucher auf der ganzen Welt haben das Vertrauen in Systeme, Hersteller und sogar in ihre Mitmenschen verloren. Dies führt zu einer wachsenden Skepsis gegenüber Lebensmitteln und Getränken“, heißt es bei Mintel. Die französische Milchmarke „C’est qui le patron?!“, übersetzt „Wer ist der Chef?!“, befragte 6.850 Verbraucher online zu einem halben Dutzend Kriterien, von der Bezahlung der Bauern bis zur Verpackung, um das Produkt zu entwickeln. Nur ein Beispiel unter vielen, das den Trend zur Transparenz aufzugreifen versucht. Weitere Trends sind „Selbstfürsorge“ (Getränke mit Stress-reduzierenden Inhaltsstoffen), „Neue Sinneseindrücke“ (stark karbonisierte oder säurehaltige Getränke), „Bevorzugte Behandlung“ (Online Handel) und „Sieg der Wissenschaft“, der Konzepte beschreibt, die sich beispielsweise mit der Vermeidung von Plastik auseinandersetzen oder eine vegane Alternative bieten möchten.