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Kosmetik: Mit virtueller Beratung besser verkaufen

Beauty Marketing

Die Pandemie hat den Verkauf dekorativer Kosmetik erschwert und Markenartiklern zugleich einen Entwicklungsschub beschert. Digitale Lösungen und Augmented Reality Applikationen sollen den Absatz ankurbeln – online wie in stationären Geschäften.

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Foto: Apostolos Vamvouras / Unsplash

Acht Jahre soll es im Durchschnitt dauern, bis Frau den perfekten Make-up-Ton für sich gefunden hat. Das ergab eine Umfrage von Kosmetik-Hersteller Cosnova aus „normalen“ Zeiten.

Die Corona-Pandemie hat die Suche deutlich erschwert, denn Tester für den ersten realistischen Eindruck standen in den Geschäften kaum noch zur Verfügung. So eifert die Suche nach dem perfekten Match immer mehr der modernen Partnersuche nach: Sie wird digitaler und ist eng verknüpft mit Social Media. Corona habe neue Entwicklungen wie virtuelle Beautyberatungen noch einmal beschleunigt, bestätigt Kristin Jaskolka, Director Essence (Cosnova).

Damit das gewählte Produkt im realen Leben nicht zu einer Enttäuschung, sondern zu einer langlebigen Kundenbeziehung führt, arbeiten Kosmetikmarken mit neuen Technik-Gadgets und Kooperationspartnern zusammen, schicken Konsumenten durch „Persönlichkeitstests“ und zu virtuellen Dates mit ihrem Alter Ego – dem aufgehübschten Spiegelbild.

So will Il Makiage, seit Ende 2020 in Deutschland erhältlich, anhand eines „Powermatch-Quiz“ online in 90 Sekunden die richtige Foundation-Farbe ermitteln. Per Selbsteinschätzung werden Angaben zum eigenen Hauttyp und Hautton (die Farbe der Venen zum Beispiel zur Bestimmung des Untertons) gemacht, Alter und Hautprobleme preisgegeben und gewünschte Deckkraft und Finish ausgewählt. Die Trefferquote laut Unternehmen: 94 Prozent. Dazu ist die Marktforschung gleich eingebaut. Auch Cosnova verwendet einen ähnlichen Test für den Foundation-Finder der Marken Essence und Catrice.

Sie haben ein Match!

Bei Farbkosmetik wie Lippenstift oder Lidschatten, aber auch Haarkolorationen greift derzeit eher das Prinzip Tinder. Doch anstatt sich durch User-Profile zu „swipen“ (nach rechts oder links wischen), soll sich der User beim digitalen Produkttest in sein eigenes virtuelles Spiegelbild mit neuen Looks verlieben. Die Funktion dahinter: Augmented-Reality(AR)-Filter, ob in einer App oder in Zusammenarbeit mit Instant-Messaging-Diensten wie Snapchat, ermöglichen das virtuelle „Anprobieren“.

„Die Wahl des richtigen Produkts ist nicht nur wichtig, sondern soll auch Spaß machen“, betont Benjamin Rachow, Geschäftsleiter Vertrieb des Geschäftsbereichs Consumer Products bei L’Oréal Deutschland. Der Beauty-Konzern bietet zahlreiche Services an, die auf künstlicher Intelligenz und Augmented Reality beruhen. „Mit unserer Virtual-try-on-Technologie von Modiface, einem kanadischen Start-up, das L’Oréal 2018 übernommen hat, ermöglichen wir unter anderem das Testen unseres gesamten Sortiments – jederzeit und überall“, sagt Rachow. So können viele Produkte virtuell getestet und anschließend online oder direkt im Ladengeschäft erworben werden.

Sicheres Testen in Corona-Zeiten

Analysen der eigenen Haut sind über Skin Genius von L’Oréal ‧Paris möglich. „Das Online-Tool bestimmt basierend auf einem Foto den gegenwärtigen Zustand der Haut und schlägt zugeschnittene Produkte vor. Zudem kann man über ein Virtual-try-on auch Haarfarben aus‧probieren und die passende Wunschhaarfarbe finden“, ergänzt der Manager. Auf der Website von L’Oréal Paris nutzten heute bereits fast 20 Prozent der User die Möglichkeit des virtuellen Testens – knapp 94 Prozent davon über ein mobiles Endgerät.

Kosmetik mit virtueller Beratung Cosnova
Foto: Cosnova

Beratung über Soziale Medien

Um die Kernzielgruppe der GenerationZ im Corona-Jahr mit Spaß an die Marke Essence zu binden und das Ausprobieren der Produkte jenseits der eingeschränkten Testmöglichkeiten im stationären Handel hierzulande zu ermöglichen, hat sich Cosnova unter anderem für eine Zusammenarbeit mit Snapchat (Snap) entschieden. „Die Marke Essence steht für Innovationen und Spaß in der Make-up-Routine. Neue Technologien und Social-Media-Engagement zählen zu den Eckpfeilern des Markenerlebnisses“, sagt Jaskolka.

Bei digitalen Try-on-Tools sei die Qualität der Filter entscheidend. „Wir haben diverse Filter ausprobiert und sind zu dem Schluss gekommen, dass Snapchat die besten hat“, erklärt sie. Die erste Kampagne startete im November 2020. Die Essence „Try On Lenses“ (AR-Filter) ermöglichen es Snapchattern dabei, Kosmetikprodukte virtuell auszuprobieren und diese über einen direkten Link sofort zu kaufen. Dazu können die User mit einer sogenannten „Tutorial Lens“ auch direkt eine Schritt-für-Schritt-Video-Anleitung zu den neuesten Lidschatten-Trends von Essence abrufen.

„Digitale Try-on-Tools funktionieren unserer Erfahrung nach am besten mit dekorativer Kosmetik wie Lidschatten und Lippenstift“, so Jaskolka. Das schlägt sich auch in Zahlen nieder: Von den beworbenen Produkten sei der Verkauf der Lippenstifte am sichtbarsten angestiegen. Die Kampagne ist nicht mit dem stationären Handel verknüpft, eine solche Möglichkeit schließt die Managerin für künftige Tests jedoch nicht aus: „Das Markenerlebnis und die Customer Journey sind fließend, jeder einzelne Berührungspunkt ist sehr bedeutend. So stärken sich Online- und Offlineaktivitäten, stationärer Handel und E-Commerce sowie Social Selling gegenseitig.“

Patentierte Hardware:

La Manufacture (Cosnova) lässt Konsumenten ihren individuellen Hautton per auf die Handy-Kamera aufsteckbarer SkinCam und App ermitteln und die Foundation selbst anmischen. Mehr als 50.000 Farbnuancen lassen sich mit dem Set kreieren.

Daten für die Produktentwicklung

Einen Schritt weiter gegangen ist L’Oréal für Styling-Produkte der Marke L’Oréal Men Expert. Snapchatter konnten im stationären Handel sowie vom heimischen Sofa aus eine Reihe von Produkten virtuell ausprobieren und sich über Videos beraten lassen, wie sie die Produkte verwenden. Unter anderem wurden QR-Snapcodes zur Kampagne in mehr als 2.000 Geschäften der Drogeriemarktkette dm angebracht. Das Scannen der Codes ermöglichte es, die Produkte sofort digital zu testen und im Geschäft zu kaufen. Die Kampagne habe die Markenbekanntschaft von L’Oréal Men Expert deutlich gesteigert, so das Fazit von Snap.

Henkel hat mit Choicify Color eine AR-Haarfarbenberatung entwickelt, die per QR-Code direkt am Regal angewendet werden kann. Zur Einführung vor rund zwei Jahren wurde die Anwendung in den Stores von dm-Drogerie-Markt getestet.

Im Sommer 2020 folgte nun Choicify Styling Men. Damit biete Henkel der männlichen Zielgruppe erstmals eine mobile Styling-Beratung per Smartphone, die Produkte verschiedener Marken und Hersteller umfasse, so Dr. Nils Daecke, Corporate Vice President Digital Marketing International bei Henkel Beauty Care. „Damit nehmen wir den Konsumenten die Unsicherheit am Regal oder beim Onlinekauf.“ Gleichzeitig beschleunige Henkel mit Choicify basierend auf den Erkenntnissen am Point of Sale seinen datengetriebenen Innovations- und Marketingprozess.

 

 
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Lese-Tipp

 

Wie digitale Tools die Entwicklung
von Beauty-Produkten beschleunigen,
lesen Sie hier.

 

 

Interview: Cosnova orchestriert On- und Offline-Maßnahmen

Yvonne Wutzler Cosnova
Yvonne Wutzler, Geschäftsführerin Cosnova
Foto: Cosnova

Corona hat die Entwicklung digitaler Tools für das Beauty-Marketing beschleunigt. Wie Cosnova diese auch im stationären Handel nutzen möchte, erklärt Geschäftsführerin Yvonne Wutzler im Interview.

Frau Wutzler, welche Auswirkungen hat die Pandemie auf den Markt der dekorativen Kosmetik?
Yvonne Wutzler: Die Kosmetikumsätze brachen in Deutschland zu Beginn der Pandemie bis zum Sommer um bis zu 30 Prozent ein. Der Beauty- und Kosmetikkauf ist eher ein Genusskauf: Ich möchte mir als Kunde Zeit nehmen, möchte Produkte testen und muss mich dabei wohlfühlen. All das war nicht mehr gegeben. Seit Sommer hat sich der Markt etwas erholen können. Unterm Strich sind die Kosmetikumsätze in Deutschland 2020 im Vergleich zum Vorjahr um rund 15 Prozent geschrumpft.

Aus Hygienegründen fehlten die Tester im Handel. Gibt es Erkenntnisse, wie bedeutend diese für den Verkauf im stationären Handel sind?
Exakte Daten dazu, wie stark sich fehlende Tester auf die Absatzentwicklung ausgewirkt haben, liegen uns nicht vor. Das Testen von Kosmetikprodukten ist sehr wichtig, um zu sehen, ob das Produkt zum eigenen Hautton und zum Typ passt. Die Verbraucher haben sich in den vergangenen Jahren jedoch schon an neue Arten des Produkterlebnisses in der Onlinewelt gewöhnt; sie wissen, dass sie per Handy von überall aus Informationen zu den Produkten abrufen können. In den vergangenen Monaten haben wir daher unser digitales Angebot erweitert, um Konsumenten durch Videoanleitungen und Zusatzangebote in ihrer Produktwahl zu unterstützen.

Dann hat die Pandemie den Trend zur Digitalisierung in der Kosmetikbranche beschleunigt?
Definitiv. E-Commerce, digitales Marketing und Social Selling im Kosmetikbereich haben in den vergangenen Jahren langsam an Relevanz gewonnen, auch digitale Lösungen, um Produkte mithilfe von Augmented Reality am Computer oder über das Smartphone zu testen, wurden schon vor der Pandemie eingesetzt. Corona hat diese Entwicklung deutlich beschleunigt. Wir sind im Social Commerce sehr aktiv auf Instagram, TikTok und Co, haben in Deutschland mit Live Commerce Shows begonnen und testen in vielen Bereichen, wie wir digitale Technologien noch besser nutzen können – online sowie am Point of Sale.

Wo können digitale Tools auch für den stationären Handel eine Lösung sein, um Tester zu ersetzen und die Absätze anzukurbeln?
Wir halten die Verknüpfung von digitalen Angeboten mit dem Point of Sale für eine gute, langfristige Lösung. Aktuell weisen wir an den Theken unserer Handelspartner in vier Testländern, Polen, Spanien, VAE, Taiwan, über „Wobbler“ mit QR-Codes auf Virtual Try-ons und Produktinformationen hin, die digital zur Verfügung stehen. Bald folgen noch Südafrika, Kolumbien und Brasilien, um den Testlauf zu komplettieren. Die jüngeren Generationen unterscheiden nicht mehr zwischen Off- und Onlinewelt, daher sind solche Verknüpfungen auch eine Antwort auf das neue Konsumentenverhalten.

Für welche Produktgruppen funktioniert das virtuelle Testschminken besonders gut?
Derzeit testen wir unser Try-on-Tool mit Augmented-Reality-Anwendung für die Lippenkategorie unserer Marken Catrice und Essence. Die Projizierung der Lippenstiftfarbe auf das virtuelle Spiegelbild funktioniert schon gut, da sich die Lippenkonturen von der Technologie gut erkennen lassen. Wir weiten die Anwendung auf Augen-Make-up und Foundation aus.

Was tun Sie, damit sich Ihre On- und Offlineaktivitäten künftig gegenseitig noch stärker befruchten?
Wir investieren 2021 massiv in die Digitalisierung und arbeiten an einer internationalen Plattform, um Online- und Offline-Aktivitäten optimal zu orchestrieren und die Bereiche gegenseitig zu stärken. Die technischen Herausforderungen können mithilfe von Software-Lösungen wie Commerce Connector bewältigt werden. So kann man einem Online-User beispielsweise anzeigen, dass er das Produkt, über das er sich gerade informiert, beim stationären Händler ums Eck beziehen kann.