Während sich Politik und Wissenschaft weiterhin darüber streiten, ob das Herbizid Glyphosat eine Gefahr für die Gesundheit darstellt, reagieren Handel und Hersteller. Erste Molkereien sind mit einem Verbot vorgeprescht. Der Wettbewerb kritisiert diese Maßnahme als Effekthascherei.
Glyphosat in Bier und Speiseeis. Solche Schlagzeilen haben die Bundesbürger in den vergangenen Jahren stärker auf das Problem von Pestizidrückständen in Lebensmitteln gestoßen. Und sie sind zunehmend verunsichert. Durch die widersprüchlichen Aussagen der Wissenschaft dazu, ob Glyphosat als krebsgefährdend einzustufen ist oder nicht. Und durch den damit verbundenen Zickzackkurs der Politik rund um die Verlängerung der Zulassung in Europa. Erste Händler und Molkereien haben nun reduzierte Grenzwerte für Glyphosatgehalte bzw. Verbote für den Einsatz des Herbizids von ihren Lieferanten gefordert. Der richtige Schritt?
Für Aldi Süd ja. „Wir verfolgen die Diskussion über mögliche gesundheitliche Risiken sowie die Auswirkung von Glyphosat auf die Umwelt sehr aufmerksam. Sie hat bei unseren Kunden teilweise zu Verunsicherung geführt und allgemein die Nachfrage nach glyphosatfreien Lebensmitteln verstärkt“, erklärt Philipp Skorning, Group Buying Director Quality Assurance & Corporate Responsibility bei Aldi Süd. Deshalb hat das Unternehmen seine Eigenmarken-Lieferanten Anfang 2017 aufgefordert, Maßnahmen in die Wege zu leiten, um deutlich geringere Glyphosatgehalte in den Lebensmitteln zu erreichen, und eigene Rückstands-Höchstwerte festgelegt, die zum Teil bei nur 10 Prozent der gesetzlichen Vorgaben liegen.
Kurz-Info Glyphosat
Glyphosat ist ein umstrittene Unkrautvernichter. Trotz wissenschaftlicher Unbedenklichkeitsbescheinigung durch die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) und das BfR, stufte die Krebsforschungsstelle der Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Pflanzenschutzmittel im Jahre 2016 als „krebsgefährdend“ ein. Seit Jahren wird daher über die Verlängerung der Zulassung gestritten. Ende November 2017 hatte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) in der EU gegen den Willen des Bundesumweltministeriums der Zulassungsverlängerung von Glyphosat um weitere fünf Jahre zum Durchbruch verholfen. Das EU-Parlament will künftig die Zulassung von umstrittenen Pflanzenschutzmitteln wie Glyphosat genauer unter die Lupe nehmen und beschloss einen Sonderausschuss.
Mit der Molkerei Berchtesgadener Land aus Piding sprach im Oktober 2017 die erste deutsche Molkerei ein Verbot des Unkrautkillers für Grünland und Ackerbau aus. Das Unternehmen reagierte damit auf die wiederholte Vertagung einer Entscheidung zur Zulassungsverlängerung von Glyphosat. Das Verbot von Totalherbiziden wurde in den Milchlieferbedingungen festgehalten und gilt seitdem für alle 1.800 Genossenschaftsmitglieder der Molkerei, die sowohl konventionelle als auch Bio-Milch verarbeitet und sich bereits 2010 für gentechnikfreie Fütterung entschied. Statt chemischen kommen technische Mittel zum Einsatz, um effizient und naturgemäß zu wirtschaften, informiert Berchtesgadener Land.
Eine wachsende Verunsicherung der Bundesbürger beim Thema Glyphosat haben auch die Goldsteig Käsereien Bayerwald registriert und folgten dem Beispiel aus Piding. Seit Anfang 2018 hat das Unternehmen ebenfalls ein Verbot in den Milchlieferbedingungen verankert. Nicht nur auf Drängen der Endverbraucher. „Es kamen einige Punkte zusammen“, erklärt Geschäftsführer Andreas Kraus und führt aus: „Zum einen haben die Verbraucher, aber auch NGOs und der Lebensmittelhandel den Druck auf uns erhöht, uns dem Thema Glyphosat zu widmen – vor allem nachdem der ehemalige Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt eine Verlängerung der Zulassung des Herbizids ermöglicht hat. Die gleiche Forderung kam von unseren Handelspartnern aus Österreich, wo man bei den Molkereien bereits einen Schritt weiter ist. Zum anderen ist das klare Nein zur Anwendung von Glyphosat die logische Konsequenz unserer Nachhaltigkeits-Strategie und ist für uns der einzig richtige Weg für die zukünftige Ausrichtung unseres Unternehmens.“ Das Verbot gelte für alle Milchlieferanten von Goldsteig in Deutschland und Tschechien und bezieht sich beim Futter auf den Bereich, „den wir selbst beeinflussen können, also die von unseren Landwirten erzeugten Futtermittel“, so Kraus. Rund 75 Prozent des Futters wird von diesen selbst erzeugt.
Auch das Deutsche Milchkontor (DMK) sieht keine Notwendigkeit für ein Glyphosat-Verbot und bezieht sich dabei auf die Untersuchungsergebnisse des Milchindustrie-Verbandes. „Ergänzend kommt das BfR zu dem Ergebnis, dass nach derzeitiger wissenschaftlicher Kenntnis bei bestimmungsgemäßer Anwendung von Glyphosat kein krebserzeugendes Risiko für den Menschen zu erwarten ist“, sagt Oliver Bartelt, Head of Corporate Communications bei DMK. Somit ergebe sich für Deutschlands größtes Molkereiunternehmen als Anbieter dieser Produkte nicht die Notwendigkeit, die gesetzliche Grundlage bezüglich des Einsatzes des Mittels in Frage zu stellen und „hier in irgendeiner Art effekthascherisch aktiv zu werden.“ Die eigenen Landwirte seien sensibilisiert und arbeiteten verantwortungsvoll. In der Regel bestehe die Futterration für eine Kuh zu ca. 70 Prozent aus Raufutter (Gras- oder Maissilage, Gras, Heu) und zu ca. 30 Prozent aus ergänzenden Futterkomponenten (Getreide, Körnermais, Raps- oder Sojaschrot), die größtenteils in Deutschland angebaut würden. „Der Einsatz von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln scheidet aus anwendungstechnischen Gründen bei den betriebseigenen Grundfuttermitteln im Bestand grundsätzlich aus“, so Bartelt.
„In der Tat spielt Glyphosat im Grünland-Bereich eine sehr untergeordnete Rolle, daher fällt uns und unseren Milcherzeugern ein Verzicht zum Glück leichter als zum Beispiel den Getreidebauern“, erwidert Goldsteig-Geschäftsführer Kraus und betont: „Es geht aber gar nicht darum, ob in der Milch Glyphosat zu finden ist oder nicht oder dass wir mit glyphosatfreien Produkten werben wollen. Unseren Kunden und uns geht es darum, das umstrittene Totalherbizid komplett von den Wiesen zu verbannen.“ Wo Goldsteig etwas positiv beeinflussen könne, wolle man dies auch tun, und dabei ein Zeichen in der Milchwirtschaft setzen. „Darüber hinaus ist es immer eine gute Idee, sich an den Wünschen der Kunden – in unserem Falle der Verbraucher – zu orientieren“, fügt Kraus hinzu. Dass die Maßnahme beim Verbraucher gut ankommt, zeigen laut Kraus die überwältigenden, zu 100 Prozent positiven Rückmeldungen der Kunden per Social Media und E-Mails.
Weitere Molkereien stimmen ein
Trommeln gehört bekanntlich zum Handwerk. So haben auch Bio-Molkereien das Thema in den Fokus ihrer Kommunikation gerückt und werben damit, dass Glyphosat – wie andere synthetische Pflanzenschutzmittel – im Öko-Landbau verboten ist. Zum Beispiel die Andechser Molkerei Scheitz: „Seit jeher Nein zu Glyphosat! Wer Andechser Milchprodukte kauft, isst oder auch verschenkt, weiß sich in den aktuellen Diskussionen über gefährlichen Herbizid- und Glyphosat-Einsatz, das aktuelle Bienen- und Insektensterben in jedem Fall ‚auf der sicheren Seite‘!“, informiert das Unternehmen auf seiner Website.
Bauer zieht nach
Mit der Privatmolkerei Bauer hat in diesen Tagen eine weitere konventionelle Molkerei ihre Stimme erhoben. Gemeinsam mit den Vorständen der an die Privatmolkerei Bauer liefernden Milcherzeugergemeinschaften appellierte das Unternehmen eindringlich an alle Milcherzeuger, künftig auf den Einsatz von Glyphosat im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb zu verzichten, heißt es auf Anfrage. Jüngst durchgeführte Untersuchungen hätten ergeben, dass in der Rohmilch der rund 650 Höfe in Ober- und Niederbayern keine Rückstände von Glyphosat enthalten sind. Der Einsatz für den Verzicht auf Glyphosat geschieht im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie. Die Landwirte, die die Milch für die Privatmolkerei Bauer liefern, bauen die Futtermittel für ihre Milchkühe zu rund 90 Prozent selbst und vor Ort an, heißt es aus Wasserburg. Nur ein geringer Anteil müsse zugekauft werden, doch auch dafür gebe es klare Regeln. Die Landwirte haben sich darauf verpflichtet nur Futtermittel aus Europa einzusetzen. Ein Zukauf von Mais, Raps oder Soja aus Übersee, die gentechnisch verändert wurden und damit tendenziell auch mit Glyphosat belastet sein könnten, scheiden nach eigenen Aussagen bei Bauer aus. Grundsätzlich finden bei den Milchlieferanten von Bauer ausschließlich Futtermittel Einsatz, die das „ohne Gentechnik“-Zertifikat tragen.
Nachgefragt bei Aldi Süd
Philipp Skorning, Group Buying Director Quality Assurance & Corporate Responsibility bei Aldi Süd, zur Strategie des Discounters hinsichtlich Glyphosat.
LP: Herr Skorning, Sie haben Ihre Eigenmarken-Lieferanten darüber informiert, in Ihren Lebensmitteln die Glyphosatgehalte deutlich reduzieren, im besten Fall den Einsatz des Herbizids komplett ausschließen zu wollen. Warum haben Sie sich zu diesem Schritt entschlossen?
Philipp Skorning: Uns ist wichtig, dass in der gesamten Lieferkette soziale und ökologische Standards berücksichtigt werden. Deshalb achten wir bei der Herstellung unserer Produkte unter anderem darauf, dass Pflanzenschutzmittel nur im absolut notwendigen Maß zum Einsatz kommen. Entsprechend haben wir bereits Anfang 2006 umfangreiche Maßnahmen zur Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln beschlossen. Die Herausforderung besteht darin, einen Mittelweg zu finden, um trotz minimalen Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln einwandfreie Produkte zu wirtschaftlichen Preisen zu erhalten. Diesem Prinzip folgen wir auch im Umgang mit dem umstrittenen Pflanzenschutzmittel Glyphosat. Wir verfolgen die Diskussion über mögliche gesundheitliche Risiken sowie die Auswirkung von Glyphosat auf die Umwelt sehr aufmerksam. Sie hat bei unseren Kunden teilweise zu Verunsicherung geführt und allgemein die Nachfrage nach glyphosatfreien Lebensmitteln verstärkt. Deshalb hatten wir unsere Lieferanten Anfang 2017 aufgefordert, Maßnahmen in die Wege zu leiten, um deutlich geringere Glyphosatgehalte in unseren Lebensmitteln zu erreichen, als es das Gesetz vorsieht.
Sie haben um nähere Informationen zum Einsatz von Glyphosat in Futtermitteln gebeten. Welche Erkenntnisse haben Sie aus den Antworten Ihrer Lieferanten gewonnen?
Bislang haben wir von einem Großteil unserer Lieferanten die Rückmeldung erhalten, dass unsere Forderungen nicht einfach und kurzfristig umzusetzen sind, da die Anwendung von Glyphosat auf vielfältige Weise und weltweit erfolgt. Bei allen Bio-Produkten kann die Verwendung von Glyphosat entsprechend der gesetzlichen Vorgaben schon heute vollständig ausgeschlossen werden. Einzelne Lieferanten von konventionellen Lebensmitteln konnten uns ebenfalls den Verzicht auf Glyphosat zusichern.
Welche Ziele haben Sie sich konkret gesteckt in Bezug auf die Umstellung Ihres Sortiments hin zu Produkten mit deutlich reduzierten Glyphosatgehalten beziehungsweise zu glyphosatfreien Artikeln?
Die Orientierungswerte, die wir für unsere Lieferanten als mittelfristiges Ziel definiert haben, liegen teilweise bei gerade einmal zehn Prozent der aktuell zugelassenen Grenzwerte. Eine erste Auswertung hat ergeben, dass bereits der überwiegende Teil unserer Lieferanten die geforderten Werte einhalten können. Um das Thema voranzutreiben, hat sich Aldi Süd gemeinsam mit Aldi Nord entschlossen, bei der Reduzierung des Glyphosatgehalts in Lebensmitteln einen Schritt weiter zu gehen und auch den Einsatz von Glyphosat in Futtermitteln zu betrachten. Auch hier ist es Anliegen, die Glyphosatgehalte auf ein Minimum zu reduzieren.
Welche Herausforderungen kommen auf Ihre Lieferanten zu, und wie unterstützen Sie diese auf dem Weg zum Verzicht auf Glyphosat?
Der Verzicht auf Glyphosat bedeutet für unsere Lieferanten in erster Linie einen hohen Aufwand, insbesondere in der Zusammenarbeit mit Zulieferern und durch die Implementierung von strengen Kontrollen. Speziell die Einflussmöglichkeiten auf die Sublieferanten stellen sich als Herausforderung dar. Wir werden unseren Lieferanten jederzeit für Gespräche zur Verfügung stehen sowie den Austausch zum Thema mit Experten suchen. Sobald uns weitere Untersuchungserkenntnisse vorliegen, werden wir diese in Gesprächen mit unseren Lieferanten thematisieren.
Wie werden Sie ein glyphosatfreies Angebot kennzeichnen beziehungsweise darüber kommunizieren?
Aktuell planen wir keine entsprechende Kennzeichnung unserer Produkte. Weil es uns ein wichtiges Anliegen ist, nur Lebensmittel zu verkaufen, auf deren gesundheitliche Unbedenklichkeit unsere Kundinnen und Kunden vertrauen können, werden wir das Thema Glyphosat auch in Zukunft im Blick behalten und gemeinsam mit unseren Lieferanten vorantreiben.
Während sich Politik und Wissenschaft weiterhin darüber streiten, ob das Herbizid Glyphosat eine Gefahr für die Gesundheit darstellt, reagieren Handel und Hersteller. Erste Molkereien sind mit einem Verbot vorgeprescht. Der Wettbewerb kritisiert diese Maßnahme als Effekthascherei.
Glyphosat in Bier und Speiseeis. Solche Schlagzeilen haben die Bundesbürger in den vergangenen Jahren stärker auf das Problem von Pestizidrückständen in Lebensmitteln gestoßen. Und sie sind zunehmend verunsichert. Durch die widersprüchlichen Aussagen der Wissenschaft dazu, ob Glyphosat als krebsgefährdend einzustufen ist oder nicht. Und durch den damit verbundenen Zickzackkurs der Politik rund um die Verlängerung der Zulassung in Europa. Erste Händler und Molkereien haben nun reduzierte Grenzwerte für Glyphosatgehalte bzw. Verbote für den Einsatz des Herbizids von ihren Lieferanten gefordert. Der richtige Schritt?
Für Aldi Süd ja. „Wir verfolgen die Diskussion über mögliche gesundheitliche Risiken sowie die Auswirkung von Glyphosat auf die Umwelt sehr aufmerksam. Sie hat bei unseren Kunden teilweise zu Verunsicherung geführt und allgemein die Nachfrage nach glyphosatfreien Lebensmitteln verstärkt“, erklärt Philipp Skorning, Group Buying Director Quality Assurance & Corporate Responsibility bei Aldi Süd. Deshalb hat das Unternehmen seine Eigenmarken-Lieferanten Anfang 2017 aufgefordert, Maßnahmen in die Wege zu leiten, um deutlich geringere Glyphosatgehalte in den Lebensmitteln zu erreichen, und eigene Rückstands-Höchstwerte festgelegt, die zum Teil bei nur 10 Prozent der gesetzlichen Vorgaben liegen.
Glyphosat ist ein umstrittene Unkrautvernichter. Trotz wissenschaftlicher Unbedenklichkeitsbescheinigung durch die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) und das BfR, stufte die Krebsforschungsstelle der Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Pflanzenschutzmittel im Jahre 2016 als „krebsgefährdend“ ein. Seit Jahren wird daher über die Verlängerung der Zulassung gestritten. Ende November 2017 hatte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) in der EU gegen den Willen des Bundesumweltministeriums der Zulassungsverlängerung von Glyphosat um weitere fünf Jahre zum Durchbruch verholfen. Das EU-Parlament will künftig die Zulassung von umstrittenen Pflanzenschutzmitteln wie Glyphosat genauer unter die Lupe nehmen und beschloss einen Sonderausschuss.
Mit der Molkerei Berchtesgadener Land aus Piding sprach im Oktober 2017 die erste deutsche Molkerei ein Verbot des Unkrautkillers für Grünland und Ackerbau aus. Das Unternehmen reagierte damit auf die wiederholte Vertagung einer Entscheidung zur Zulassungsverlängerung von Glyphosat. Das Verbot von Totalherbiziden wurde in den Milchlieferbedingungen festgehalten und gilt seitdem für alle 1.800 Genossenschaftsmitglieder der Molkerei, die sowohl konventionelle als auch Bio-Milch verarbeitet und sich bereits 2010 für gentechnikfreie Fütterung entschied. Statt chemischen kommen technische Mittel zum Einsatz, um effizient und naturgemäß zu wirtschaften, informiert Berchtesgadener Land.
Eine wachsende Verunsicherung der Bundesbürger beim Thema Glyphosat haben auch die Goldsteig Käsereien Bayerwald registriert und folgten dem Beispiel aus Piding. Seit Anfang 2018 hat das Unternehmen ebenfalls ein Verbot in den Milchlieferbedingungen verankert. Nicht nur auf Drängen der Endverbraucher. „Es kamen einige Punkte zusammen“, erklärt Geschäftsführer Andreas Kraus und führt aus: „Zum einen haben die Verbraucher, aber auch NGOs und der Lebensmittelhandel den Druck auf uns erhöht, uns dem Thema Glyphosat zu widmen – vor allem nachdem der ehemalige Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt eine Verlängerung der Zulassung des Herbizids ermöglicht hat. Die gleiche Forderung kam von unseren Handelspartnern aus Österreich, wo man bei den Molkereien bereits einen Schritt weiter ist. Zum anderen ist das klare Nein zur Anwendung von Glyphosat die logische Konsequenz unserer Nachhaltigkeits-Strategie und ist für uns der einzig richtige Weg für die zukünftige Ausrichtung unseres Unternehmens.“ Das Verbot gelte für alle Milchlieferanten von Goldsteig in Deutschland und Tschechien und bezieht sich beim Futter auf den Bereich, „den wir selbst beeinflussen können, also die von unseren Landwirten erzeugten Futtermittel“, so Kraus. Rund 75 Prozent des Futters wird von diesen selbst erzeugt.
Auch das Deutsche Milchkontor (DMK) sieht keine Notwendigkeit für ein Glyphosat-Verbot und bezieht sich dabei auf die Untersuchungsergebnisse des Milchindustrie-Verbandes. „Ergänzend kommt das BfR zu dem Ergebnis, dass nach derzeitiger wissenschaftlicher Kenntnis bei bestimmungsgemäßer Anwendung von Glyphosat kein krebserzeugendes Risiko für den Menschen zu erwarten ist“, sagt Oliver Bartelt, Head of Corporate Communications bei DMK. Somit ergebe sich für Deutschlands größtes Molkereiunternehmen als Anbieter dieser Produkte nicht die Notwendigkeit, die gesetzliche Grundlage bezüglich des Einsatzes des Mittels in Frage zu stellen und „hier in irgendeiner Art effekthascherisch aktiv zu werden.“ Die eigenen Landwirte seien sensibilisiert und arbeiteten verantwortungsvoll. In der Regel bestehe die Futterration für eine Kuh zu ca. 70 Prozent aus Raufutter (Gras- oder Maissilage, Gras, Heu) und zu ca. 30 Prozent aus ergänzenden Futterkomponenten (Getreide, Körnermais, Raps- oder Sojaschrot), die größtenteils in Deutschland angebaut würden. „Der Einsatz von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln scheidet aus anwendungstechnischen Gründen bei den betriebseigenen Grundfuttermitteln im Bestand grundsätzlich aus“, so Bartelt.
„In der Tat spielt Glyphosat im Grünland-Bereich eine sehr untergeordnete Rolle, daher fällt uns und unseren Milcherzeugern ein Verzicht zum Glück leichter als zum Beispiel den Getreidebauern“, erwidert Goldsteig-Geschäftsführer Kraus und betont: „Es geht aber gar nicht darum, ob in der Milch Glyphosat zu finden ist oder nicht oder dass wir mit glyphosatfreien Produkten werben wollen. Unseren Kunden und uns geht es darum, das umstrittene Totalherbizid komplett von den Wiesen zu verbannen.“ Wo Goldsteig etwas positiv beeinflussen könne, wolle man dies auch tun, und dabei ein Zeichen in der Milchwirtschaft setzen. „Darüber hinaus ist es immer eine gute Idee, sich an den Wünschen der Kunden – in unserem Falle der Verbraucher – zu orientieren“, fügt Kraus hinzu. Dass die Maßnahme beim Verbraucher gut ankommt, zeigen laut Kraus die überwältigenden, zu 100 Prozent positiven Rückmeldungen der Kunden per Social Media und E-Mails.
Weitere Molkereien stimmen ein
Trommeln gehört bekanntlich zum Handwerk. So haben auch Bio-Molkereien das Thema in den Fokus ihrer Kommunikation gerückt und werben damit, dass Glyphosat – wie andere synthetische Pflanzenschutzmittel – im Öko-Landbau verboten ist. Zum Beispiel die Andechser Molkerei Scheitz: „Seit jeher Nein zu Glyphosat! Wer Andechser Milchprodukte kauft, isst oder auch verschenkt, weiß sich in den aktuellen Diskussionen über gefährlichen Herbizid- und Glyphosat-Einsatz, das aktuelle Bienen- und Insektensterben in jedem Fall ‚auf der sicheren Seite‘!“, informiert das Unternehmen auf seiner Website.
Bauer zieht nach
Mit der Privatmolkerei Bauer hat in diesen Tagen eine weitere konventionelle Molkerei ihre Stimme erhoben. Gemeinsam mit den Vorständen der an die Privatmolkerei Bauer liefernden Milcherzeugergemeinschaften appellierte das Unternehmen eindringlich an alle Milcherzeuger, künftig auf den Einsatz von Glyphosat im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb zu verzichten, heißt es auf Anfrage. Jüngst durchgeführte Untersuchungen hätten ergeben, dass in der Rohmilch der rund 650 Höfe in Ober- und Niederbayern keine Rückstände von Glyphosat enthalten sind. Der Einsatz für den Verzicht auf Glyphosat geschieht im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie. Die Landwirte, die die Milch für die Privatmolkerei Bauer liefern, bauen die Futtermittel für ihre Milchkühe zu rund 90 Prozent selbst und vor Ort an, heißt es aus Wasserburg. Nur ein geringer Anteil müsse zugekauft werden, doch auch dafür gebe es klare Regeln. Die Landwirte haben sich darauf verpflichtet nur Futtermittel aus Europa einzusetzen. Ein Zukauf von Mais, Raps oder Soja aus Übersee, die gentechnisch verändert wurden und damit tendenziell auch mit Glyphosat belastet sein könnten, scheiden nach eigenen Aussagen bei Bauer aus. Grundsätzlich finden bei den Milchlieferanten von Bauer ausschließlich Futtermittel Einsatz, die das „ohne Gentechnik“-Zertifikat tragen.
Nachgefragt bei Aldi Süd
Philipp Skorning, Group Buying Director Quality Assurance & Corporate Responsibility bei Aldi Süd, zur Strategie des Discounters hinsichtlich Glyphosat.
LP: Herr Skorning, Sie haben Ihre Eigenmarken-Lieferanten darüber informiert, in Ihren Lebensmitteln die Glyphosatgehalte deutlich reduzieren, im besten Fall den Einsatz des Herbizids komplett ausschließen zu wollen. Warum haben Sie sich zu diesem Schritt entschlossen?
Philipp Skorning: Uns ist wichtig, dass in der gesamten Lieferkette soziale und ökologische Standards berücksichtigt werden. Deshalb achten wir bei der Herstellung unserer Produkte unter anderem darauf, dass Pflanzenschutzmittel nur im absolut notwendigen Maß zum Einsatz kommen. Entsprechend haben wir bereits Anfang 2006 umfangreiche Maßnahmen zur Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln beschlossen. Die Herausforderung besteht darin, einen Mittelweg zu finden, um trotz minimalen Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln einwandfreie Produkte zu wirtschaftlichen Preisen zu erhalten. Diesem Prinzip folgen wir auch im Umgang mit dem umstrittenen Pflanzenschutzmittel Glyphosat. Wir verfolgen die Diskussion über mögliche gesundheitliche Risiken sowie die Auswirkung von Glyphosat auf die Umwelt sehr aufmerksam. Sie hat bei unseren Kunden teilweise zu Verunsicherung geführt und allgemein die Nachfrage nach glyphosatfreien Lebensmitteln verstärkt. Deshalb hatten wir unsere Lieferanten Anfang 2017 aufgefordert, Maßnahmen in die Wege zu leiten, um deutlich geringere Glyphosatgehalte in unseren Lebensmitteln zu erreichen, als es das Gesetz vorsieht.
Sie haben um nähere Informationen zum Einsatz von Glyphosat in Futtermitteln gebeten. Welche Erkenntnisse haben Sie aus den Antworten Ihrer Lieferanten gewonnen?
Bislang haben wir von einem Großteil unserer Lieferanten die Rückmeldung erhalten, dass unsere Forderungen nicht einfach und kurzfristig umzusetzen sind, da die Anwendung von Glyphosat auf vielfältige Weise und weltweit erfolgt. Bei allen Bio-Produkten kann die Verwendung von Glyphosat entsprechend der gesetzlichen Vorgaben schon heute vollständig ausgeschlossen werden. Einzelne Lieferanten von konventionellen Lebensmitteln konnten uns ebenfalls den Verzicht auf Glyphosat zusichern.
Welche Ziele haben Sie sich konkret gesteckt in Bezug auf die Umstellung Ihres Sortiments hin zu Produkten mit deutlich reduzierten Glyphosatgehalten beziehungsweise zu glyphosatfreien Artikeln?
Die Orientierungswerte, die wir für unsere Lieferanten als mittelfristiges Ziel definiert haben, liegen teilweise bei gerade einmal zehn Prozent der aktuell zugelassenen Grenzwerte. Eine erste Auswertung hat ergeben, dass bereits der überwiegende Teil unserer Lieferanten die geforderten Werte einhalten können. Um das Thema voranzutreiben, hat sich Aldi Süd gemeinsam mit Aldi Nord entschlossen, bei der Reduzierung des Glyphosatgehalts in Lebensmitteln einen Schritt weiter zu gehen und auch den Einsatz von Glyphosat in Futtermitteln zu betrachten. Auch hier ist es Anliegen, die Glyphosatgehalte auf ein Minimum zu reduzieren.
Welche Herausforderungen kommen auf Ihre Lieferanten zu, und wie unterstützen Sie diese auf dem Weg zum Verzicht auf Glyphosat?
Der Verzicht auf Glyphosat bedeutet für unsere Lieferanten in erster Linie einen hohen Aufwand, insbesondere in der Zusammenarbeit mit Zulieferern und durch die Implementierung von strengen Kontrollen. Speziell die Einflussmöglichkeiten auf die Sublieferanten stellen sich als Herausforderung dar. Wir werden unseren Lieferanten jederzeit für Gespräche zur Verfügung stehen sowie den Austausch zum Thema mit Experten suchen. Sobald uns weitere Untersuchungserkenntnisse vorliegen, werden wir diese in Gesprächen mit unseren Lieferanten thematisieren.
Wie werden Sie ein glyphosatfreies Angebot kennzeichnen beziehungsweise darüber kommunizieren?
Aktuell planen wir keine entsprechende Kennzeichnung unserer Produkte. Weil es uns ein wichtiges Anliegen ist, nur Lebensmittel zu verkaufen, auf deren gesundheitliche Unbedenklichkeit unsere Kundinnen und Kunden vertrauen können, werden wir das Thema Glyphosat auch in Zukunft im Blick behalten und gemeinsam mit unseren Lieferanten vorantreiben.