Digital Grundlagen

Warum sich jeder in der Foodbranche mit Blockchain auskennen sollte

Blockchain Food

Blockchain – ein Begriff, der in der Branche die Runde macht,  von dem aber nur wenige wissen, was dahinter steckt. Wir erklären die Grundlagen, zeigen wichtige Anwendungen auf und erläutern die kritischen Aspekte der Technologie.

Blockchain
Jedes einzelne Kettenglied gibt Stabilität/ Foto: JJ Ying, Unsplash

Kettenglieder, die ineinander greifen: So wird die Blockchain oft visualisiert. Es handelt sich um eine Technologie, die zurzeit noch in den Kinderschuhen steckt. Aber es ist absehbar, dass sie künftig in vielen Branchen eingesetzt wird und dort die Abläufe verändert.

Was also steckt hinter dem Begriff? Eine Blockchain ist, ganz vereinfacht ausgedrückt, eine verteilte Datenbank. Das Besondere daran ist, dass jeder Anwender alle Daten sehen kann. Die Daten sind untereinander verknüpft, man kann sie nicht verändern. Das sorgt für Vertrauen unter den Anwendern. Wenn ein Eintrag verändert wird, können alle Teilnehmer das sehen. Das macht Betrug oder Manipulation schwierig bis unmöglich. Dadurch wird eine Kontrollinstanz, etwa eine Bank oder ein Anwalt, überflüssig.

Ein einfaches Beispiel verdeutlicht, wie eine Blockchain funktioniert. Stellen Sie sich folgendes vor:  Peter, Bernd und Horst verabreden sich in ihrer WhatsApp-Gruppe zum Fußball: „17:00 Uhr auf dem Sportplatz“. Diese Mitteilung erscheint auf den Handys der drei Freunde. Will jetzt Horst die Uhrzeit auf 18:00 Uhr ändern, dann kann er die bisherige Nachricht nicht ändern. Er muss eine neue schreiben, die dann bei Peter und Bernd zur gleichen Zeit aufploppt. Jeder Teilnehmer der Gruppe sieht also, wenn ein anderer Teilnehmer etwas ändert. Man kann auch sagen, dass jeder jeden kontrolliert.

Natürlich ist die Technologie viel komplexer. Nicht umsonst wird das Thema in vielen Studiengängen (zum Beispiel des Supply-Chain-Management) ausführlich behandelt.  

Verknüpfung: Alles hängt mit Allem zusammen
Verknüpfung: Alles hängt mit Allem zusammen / Foto: Clint Adair on Unsplash

Was man sich als Einsteiger zu der Technologie unbedingt merken sollte: Die Daten liegen nicht auf einem Rechner, sondern bei allen Teilnehmern. Sobald sich ein Block verändert, ändert sich dadurch die gesamte, nachfolgende Kette. Deshalb ist die Blockchain gegen zufällige oder unabsichtliche Datenmanipulation geschützt.

Diese Eigenschaften bieten die Basis für viele Anwendungsbereiche. So kann man mithilfe der Technologie eine virtuelle Währung (Kryptowährung) erschaffen, ein bekanntes Beispiel ist der Bitcoin. Oder aber, man nutzt das Verfahren, um sichere Wahlen zu organisieren.

Für Industrie und Lebensmittelhandel ist eine andere Anwendung interessanter: Mithilfe von Blockchain lässt sich lückenlos eine Lieferkette dokumentieren.

Wie das funktioniert, zeigt folgendes Video der Universität St. Gallen:

Denken wir an ein tiefgekühltes Fischfilet mit Gemüsebelag. In einer Blockchain lassen sich an jedem Punkt der Produktion wichtige Informationen vermerken. Wo wurde der Fisch gefangen? An welchem Tag, auf welchem Kutter, mit welcher Fangmethode? Wann ist er in der Fabrik eingetroffen, womit wurde er belegt? Auf welchen Lkw wurde er zu welcher Zeit geladen? Wurde beim Transport die richtige Temperatur eingehalten? Wann ist er im Kühllager des Handelsunternehmens eingetroffen? Zu welchem Zeitpunkt und mit welcher Temperatur erfolgte der letzte Schritt in der Transportkette, also der Weg zum Geschäft? Alle diese (und noch viele weitere Punkte) kann man in einer Blockchain ablegen. Die Methode eignet sich ebenso, den Werdegang eines Lebensmittels in Bio-Qualität nachzuverfolgen wie soziale Standards zu dokumentieren.

Hier eine Auswahl von Projekten der Ernährungsbranche, in denen Block Chain verwendet wird:

1. Thank my farmer: Gemeinsam mit dem US-amerikanischen Einzelhandelskonzern Walmart  und IBM hat die Plattform „Farmer Connect“ eine App entwickelt, mit der der Kunde durch Scannen eines QR-Codes  verfolgen kann, wo und wie die Kaffeebohnen erzeugt werden und welche Stationen sie anschließend durchlaufen.

https://blockchainwelt.de/thank-my-farmer-schafft-transparenz-im-kaffeemarkt

Einen guten Überblick über dieses und vergleichbare Projekte in der Kaffee- und Teebranche bietet folgender Artikel:

2. Tony Chocolonely: Die Anbieter dieser Schokolade wollen garantieren, dass sie „sklavenfrei“ hergestellt wurde. Hier geht es also um faire Arbeitsbedingungen bei Anbau, Ernte und Verarbeitung der Kakaobohnen zu Schokolade.

https://tonyschocolonely.com/de

3. Albert Heijn: Das niederländische Handelsunternehmen Albert Heijn dokumentiert, wie die Orangen für seine OrangensaftEigenmarke wachsen, wie sie geerntet und verarbeitet werden, bis zu ihrem Weg in die Geschäfte. https://www.simsupplychain.com/about_powerchain_juice_case/

4. GS1-Germany: Ein branchenübergreifendes Projekt hat GS1-Germany durchgeführt und ausgewertet. Inhaltlich ging es darum, Palettenscheine überflüssig zu und eine digitale Übergabe der Paletten möglich zu machen. Die Ergebnisse des Projektes, bei dem Handel, Industrie und Logistikunternehmen mitgewirkt haben, kann man hier nachlesen:

https://www.gs1-germany.de/innovation/trendforschung/blockchain/pilot

Mittlerweile gibt es ein Nachfolgeprojekt, in dem erneut Unternehmen aus Handel, Industrie und Logistik eingebunden sind. Ziel ist es, den Austausch von Ladungsträgern effizienter und transparenter zu gestalten.

5. Metro: Das Unternehmen Metro hat in fünf Großmärkten eine App getestet, die auf Blockchain basiert. Es geht dabei um einen Frischeindex, also, wie lange ein Produkt tatsächlich (und nicht nur laut dem Mindesthaltbarkeitsdatum) haltbar ist. Link zu

https://lebensmittelpraxis.de/zentrale-management/25791-test-bei-metro-fresh-index-macht-dhd-transparent.html

Kritische Stimmen zu Blockchain

Wie bei jeder Technologie gibt es auch kritische Aspekte. Die Blockchain an sich ist zwar nicht manipulierbar. Aber trotzdem können die Projekte, die die Blockchain abbildet, fehlerhaft sein. Wenn man falsche Daten eingibt, bleiben Sie natürlich auch in der Kette fehlerhaft. Außerdem ist die Technologie nicht unmittelbar mit dem Produkt verbunden. So kann zum Beispiel eine Banane einen Aufkleber tragen, über den man die Anbaubedingungen des Produktes auf einer bestimmten Plantage nachvollziehen kann. Doch wenn der Plantagenbesitzer fälschlicherweise eine Banane damit kennzeichnet, die auf einer benachbarten Plantage gewachsen ist, kann der Verbraucher das nicht erkennen und wird getäuscht.

Was ist mit Alternativen wie F-Trace?

Nicht alle Projekte, die mit Transparenz und Rückverfolgbarkeit zu tun haben, setzen automatisch auf Blockchain. Teilweise nutzen Sie Technologien, die schon länger bekannt sind. Das ist zum Beispiel bei F-Trace der Fall, wo die Herkunft verschiedener Lebensmittel wie Fleisch, Gemüse oder Fisch transparent gemacht wird. Link zu https://www.ftrace.com/de/de

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Blockchain eine Technologie mit viel Potenzial ist. In den nächsten Jahren wird die Branche sicher viele Aufgabenstellungen entwickeln, die mit ihrer Hilfe besser als bisher gelöst werden können. Doch ein Allheilmittel ist sie nicht. Dagegen spricht, dass es schwierig ist, Blockchain in bestehende Systeme zu integrieren. Außerdem benötigt sie hohe Speicherkapazitäten und dadurch einen hohen Energieaufwand. Ob die Projekte funktionieren, hängt grundsätzlich eher davon ab, wie gut die Unternehmen in der Lage sind, Prozesse zu digitalisieren und mit anderen Partnern zusammenzuarbeiten.