Ungewöhnlich offen analysiert der Erdinger-Chef Josef Westermeier im Gespräch mit der Lebensmittel Praxis, was im Bier-Markt falsch läuft.
Was würden Sie im derzeitigen Marktumfeld als die größte Herausforderung für eine traditionelle Brauerei wie Erdinger beschreiben?
Josef Westermeier: Der Bier-Markt hat in den vergangenen 25 Jahren rund 23 Millionen Hektoliter verloren. Weißbier hatte bis vor fünf Jahren noch einen guten Lauf. Aber auch eine einzelne „Nischenspezialität“ kann nicht ewig gegen den Trend der Branche wachsen. Bei den Weißbier-Trinkern handelt es sich mittlerweile um eine relativ alte Verwenderschaft. Die Herausforderung besteht also darin, eine junge Generation, die mit einer riesigen Vielfalt an Getränke-Angeboten aufgewachsen ist, für sich zu gewinnen.
Das tun Sie seit vergangenem Jahr mit einem alkoholfreien Bier-Mix mit deutlich modernerer Zielgruppenansprache. Das kommt einer Revolution in der Geschichte Ihrer Brauerei gleich. Hat Sie der Markt zu diesem Schritt gezwungen?
Es gibt Situationen, an die wird man vom Verbraucher herangeführt. Unsere Erdinger-Alkoholfrei-Fans wollten ein Mischgetränk, sie mussten bisher nur auf andere Marken ausweichen. Wir haben Ende der 1990er-Jahre alkoholfreies Bier, das zu diesem Zeitpunkt keine große Rolle gespielt hat, revolutioniert. Anders als der Wettbewerb haben wir nicht gesagt „Alles, was ein Bier braucht“, sondern alkoholfreies Weißbier als gesundes Sportgetränk positioniert. Erdinger Alkoholfrei ist heute deutschlandweit das meist verkaufte alkoholfreie Bier. Diese Kompetenz hilft uns, denn die Basis eines guten alkoholfreien Biermisch-Getränks ist immer noch das Bier. Der alkoholfreie Mix passt also auch in die Tradition unseres Hauses.
Wie zufrieden sind Sie mit der Präsenz der Mix-Variante im Handel?
Wir sind jetzt gut platziert und breit aufgestellt. Aber Out-of-Stocks sind nach wie vor ein Problem. Es dauert immer seine Zeit, bis der Handel bei Neuprodukten den automatisierten Bestellvorgang über das Kassensystem so justiert hat, dass keine Lücken mehr vorhanden sind. Wenn ich in die Läden gehe, unsere Produkte am Donnerstag schon ausverkauft sind und die nächste Lieferung erst am Montag kommt, dann kriege ich natürlich Bauchschmerzen.
Wo liegt das Problem?
Wir selbst haben nicht genügend Manpower, um alle Handelskunden zu betreuen. Da muss schon der Marktleiter selbst mit seinen Angestellten hinterher sein, um die Nachfrage nach den Schnelldrehern zu bedienen. In den Märkten arbeiten aber viele aushilfsweise, zum Beispiel Studenten. Die können das gar nicht überblicken. Hinzu kommt: Der Handel hat ja überhaupt kein Lager mehr. Das Regal ist heute das Lager. Aber zwei bis drei Kisten sind eben schnell weg und dann klafft eine Lücke. Das ist ärgerlich für uns.
Welche Rolle spielt für die Versorgung des Handels die prekäre Lage bei den Spediteuren?
Wir haben täglich bis zu 1.000 Hektoliter, die wir nicht vom Hof kriegen, weil die Spediteure nicht kommen können, um unser Bier abzuholen. Es gibt einfach zu wenige Lkw-Fahrer. Der Job wird schlecht bezahlt, die Arbeitsbedingungen sind hart. Insgesamt betrachtet ist die Situation der Logistiker eine Folge der jahrelangen Unterbietung untereinander, nur um ein Geschäft zu machen. Ich bin überzeugt: Die nächste Preiserhöhung kommt durch die Spediteure. Die Branche wurde jahrelang ausgepresst wie eine Zitrone, da besteht jetzt größter Nachholbedarf.
Alleine auf die Kraft der Marke zu setzten, ist riskant angesichts eines immer selbstbewusster werdenden Handels.
Wenn Sie keine starke Marke haben, brauchen Sie bei den Preisverhandlungen nicht auf den großen Erfolg zu hoffen. Erdinger hat immer noch die Kraft, bei den Verhandlungen mit einem vernünftigen Abschluss raus zu kommen. Wir wollen einen Abschluss, von dem beide – Brauerei und Handel – etwas haben. Unangenehm wird es, wenn ein einzelner Händler einer Brauerei so richtig schaden kann. Dann haben Sie die Hosen schon voll, wenn Sie nur dahin fahren. Das ist bei Erdinger nicht der Fall, wir sind gut und breit aufgestellt.
Eine starke Marke sichert den Absatzweg?
Schauen Sie: Wir müssten mit unseren 18 Außendienstlern theoretisch 40.000 Läden in Deutschland betreuen. Das ist nicht einmal ansatzweise möglich. Wenn dann einmal im Laden zwölf Sixpacks ins Regal eingeräumt wurden, kommt der nächste Außendienstler des Konkurrenten und räumt wieder um. Nein, wir müssen und können nur über die Marke für Begehrlichkeit bei Handel und Verbraucher sorgen. Das ist unsere einzige Möglichkeit.
Haben Sie Platzierungs-Tipps für unsere Leser?
Für uns ist der Block natürlich ideal, am liebsten unsere gesamte Weißbier-Range von den alkoholfreien Varianten über Urweisse bis hin zum Pikantus. Der Sixpack gehört immer in das Regal, am besten auf Augenhöhe, wo es sich am schnellsten dreht. Bei einem Preis von 4,99 Euro macht das auch dem Händler Spaß. Insgesamt hat der LEH aber ein vernünftiges Category Management und achtet auf die Schnelldreher.
Haben Sie keine Sorge vor dem Händler als Hersteller, Bier als Private Label?
Der Händler braucht uns doch. Mit Marken macht er sein Geschäft. Und er braucht uns auch, um seine Handelsmarken zu positionieren. Nach dem Motto „Auch gut, aber günstiger“. Die vergleichende Werbung über Marke und Handelsmarke von Lidl fand ich allerdings eine Katastrophe. Sollte der Discount seine aktuelle Geschäftspolitik fortführen, wird es dort auch in Zukunft kein Erdinger geben. Wir bieten beste Qualität und eine national durchgesetzte Spitzenmarke. Dafür müssen wir auch einen adäquaten Preis erzielen. Wir verzichten daher bei Aldi & Co. lieber auf Hektoliter und setzen weiter auf Preisstabilität sowie die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren Top-Partnern.
Sie haben das Preisdumping bei der Logistik angesprochen. Muss sich aber nicht auch die Industrie den Vorwurf mangelnder Wertschöpfung gefallen lassen?
Das ist richtig. Die größten Flaschen gibt es in der Braubranche. Wertschöpfung funktioniert hier seit Langem nicht mehr. Vor 30 Jahren hat eine Brezn ungefähr 20 Pfennig gekostet. Heute sind das schon 60 Cent. Das Gleiche gilt für andere Konsumgüter, für Kleidung, auch für die Miete. Nur das Bier kostet seit 30 Jahren in etwa das gleiche. Wenn sie aber an der Wertschöpfung nicht teilhaben, dann gibt es auch nichts zu verteilen. Ein Getränk, das nichts kostet, ist eben auch nichts wert.
Mal ganz konkret: Wer ist verantwortlich?
Diejenigen, die mit Preisdumping den Markt für sich gewinnen und andere eliminieren wollen. Wir konkurrieren doch auch mit anderen Sorten wie Pils. Die Kiste Pils liegt bei 10 Euro, Weißbier kostet mehr als 16. Das dem Verbraucher zu vermitteln, wird schwierig, auch wenn Weißbier nach wie vor als eine Spezialität gilt. Die Weißbierbranche hat sich bei diesem Unterbietungskampf relativ wacker geschlagen. Über die meisten unserer Wettbewerber wie Maisel, Schneider oder Paulaner kann ich kein schlechtes Wort verlieren. Einer unserer Hauptwettbewerber, Franziskaner, fährt allerdings voll diese Dumping-Preis-Strategie mit einem Aktionsanteil von mehr als 70 Prozent. Da geht dann das Gefühl für den angemessenen Preis bei den Verbrauchern verloren. Aber dieses Problem wird sich von alleine erledigen. Das hält keine Marke auf Dauer durch.
Wie hoch ist der Aktionsanteil bei Erdinger?
Knapp 40 Prozent.
Ob Aktion oder nicht, ist nicht der Handel verantwortlich für den Preis?
Grundsätzlich ja. Wenn wir über Aktionen sprechen, relativiert sich das etwas. Ein Hersteller überlegt sich, wie viele Aktionswochen er im Jahr haben möchte. Die kauft er sich mit den dazugehörigen Schweinebauchanzeigen. Dabei kann er den Höchstpreis verhandeln, den der Handel in der Regel nicht überbietet. Bei einem hohen Aktionsanteil hat der Hersteller also durchaus maßgeblichen Einfluss auf das Preisgefüge seiner Produkte. Wir diskutieren nie den Ladenverkaufspreis.
Erdinger hat neben anderen Brauereien 2017 den Preis ab Rampe erhöht. Wird es weitere Erhöhungen geben?
Sicher! Je schneller desto besser (lacht)!
Wie bewerten Sie die Tendenz einiger Hersteller das Trademarketing von dem Produkt Bier abzukoppeln?
Wenn ich sehe, dass Krombacher 24 Millionen Euro verlost, dann ist das für mich völlig irre. Das zahlt nicht auf die Marke ein. Keiner kauft dann das Bier, weil er die Marke gut findet. Die Branche ist verrückt. Wenn Sie eine starke Marke anderer Branchen kaufen, wie zum Beispiel einen Adidas-Schuh, dann gibt es dazu auch nichts geschenkt. Wir würden niemals das Trademarketing von der Marke lösen, nur um mehr Absatz zu machen. Alle Aktionen müssen immer auf die Marke Erdinger einspielen, auf die Tradition, die Herkunft und das Lebensgefühl.
Die Situation auf dem Biermarkt führt auch zu immer stärkerer Konsolidierung und Erosion. Ihr Kommentar zum Verkauf von Hasseröder und Diebels?
Wenn die neuen Eigentümer das wieder hinbekommen, dann wäre das nobelpreisverdächtig (lacht). Ich glaube, das ist ein Fake. Es wurde nur einer gesucht, der das Ganze abwickeln soll. (Zum Redaktionsschluss wurde bekannt, dass der Deal mit dem Investment-Unternehmen CKCF vor dem Aus steht. Anm. d. Redaktion)
Kommen wir zurück zu Erdinger. Wie lief das Geschäft 2017, und was sind die Erwartungen an die Zukunft?
2017 haben wir unter dem schlechten Wetter etwas gelitten und uns absatzmäßig marginal negativ entwickelt. Wir haben genug Möglichkeiten, das schwierige Geschäft bei den Standard-Sorten mit Neuheiten wie den alkoholfreien Mischgetränken oder unserem Stiftung Hell zu kompensieren. Unser wichtigster Anspruch ist, auch in Zukunft genügend Geld zu erwirtschaften, um unseren Mitarbeitern für ihre Arbeit einen anständigen Lohn zu zahlen. Preislich wird es nur nach oben gehen. Jedenfalls so lange ich hier bin (lacht).
Ungewöhnlich offen analysiert der Erdinger-Chef Josef Westermeier im Gespräch mit der Lebensmittel Praxis, was im Bier-Markt falsch läuft.
Was würden Sie im derzeitigen Marktumfeld als die größte Herausforderung für eine traditionelle Brauerei wie Erdinger beschreiben?
Josef Westermeier: Der Bier-Markt hat in den vergangenen 25 Jahren rund 23 Millionen Hektoliter verloren. Weißbier hatte bis vor fünf Jahren noch einen guten Lauf. Aber auch eine einzelne „Nischenspezialität“ kann nicht ewig gegen den Trend der Branche wachsen. Bei den Weißbier-Trinkern handelt es sich mittlerweile um eine relativ alte Verwenderschaft. Die Herausforderung besteht also darin, eine junge Generation, die mit einer riesigen Vielfalt an Getränke-Angeboten aufgewachsen ist, für sich zu gewinnen.
Das tun Sie seit vergangenem Jahr mit einem alkoholfreien Bier-Mix mit deutlich modernerer Zielgruppenansprache. Das kommt einer Revolution in der Geschichte Ihrer Brauerei gleich. Hat Sie der Markt zu diesem Schritt gezwungen?
Es gibt Situationen, an die wird man vom Verbraucher herangeführt. Unsere Erdinger-Alkoholfrei-Fans wollten ein Mischgetränk, sie mussten bisher nur auf andere Marken ausweichen. Wir haben Ende der 1990er-Jahre alkoholfreies Bier, das zu diesem Zeitpunkt keine große Rolle gespielt hat, revolutioniert. Anders als der Wettbewerb haben wir nicht gesagt „Alles, was ein Bier braucht“, sondern alkoholfreies Weißbier als gesundes Sportgetränk positioniert. Erdinger Alkoholfrei ist heute deutschlandweit das meist verkaufte alkoholfreie Bier. Diese Kompetenz hilft uns, denn die Basis eines guten alkoholfreien Biermisch-Getränks ist immer noch das Bier. Der alkoholfreie Mix passt also auch in die Tradition unseres Hauses.
Wie zufrieden sind Sie mit der Präsenz der Mix-Variante im Handel?
Wir sind jetzt gut platziert und breit aufgestellt. Aber Out-of-Stocks sind nach wie vor ein Problem. Es dauert immer seine Zeit, bis der Handel bei Neuprodukten den automatisierten Bestellvorgang über das Kassensystem so justiert hat, dass keine Lücken mehr vorhanden sind. Wenn ich in die Läden gehe, unsere Produkte am Donnerstag schon ausverkauft sind und die nächste Lieferung erst am Montag kommt, dann kriege ich natürlich Bauchschmerzen.
Wo liegt das Problem?
Wir selbst haben nicht genügend Manpower, um alle Handelskunden zu betreuen. Da muss schon der Marktleiter selbst mit seinen Angestellten hinterher sein, um die Nachfrage nach den Schnelldrehern zu bedienen. In den Märkten arbeiten aber viele aushilfsweise, zum Beispiel Studenten. Die können das gar nicht überblicken. Hinzu kommt: Der Handel hat ja überhaupt kein Lager mehr. Das Regal ist heute das Lager. Aber zwei bis drei Kisten sind eben schnell weg und dann klafft eine Lücke. Das ist ärgerlich für uns.
Welche Rolle spielt für die Versorgung des Handels die prekäre Lage bei den Spediteuren?
Wir haben täglich bis zu 1.000 Hektoliter, die wir nicht vom Hof kriegen, weil die Spediteure nicht kommen können, um unser Bier abzuholen. Es gibt einfach zu wenige Lkw-Fahrer. Der Job wird schlecht bezahlt, die Arbeitsbedingungen sind hart. Insgesamt betrachtet ist die Situation der Logistiker eine Folge der jahrelangen Unterbietung untereinander, nur um ein Geschäft zu machen. Ich bin überzeugt: Die nächste Preiserhöhung kommt durch die Spediteure. Die Branche wurde jahrelang ausgepresst wie eine Zitrone, da besteht jetzt größter Nachholbedarf.
Alleine auf die Kraft der Marke zu setzten, ist riskant angesichts eines immer selbstbewusster werdenden Handels.
Wenn Sie keine starke Marke haben, brauchen Sie bei den Preisverhandlungen nicht auf den großen Erfolg zu hoffen. Erdinger hat immer noch die Kraft, bei den Verhandlungen mit einem vernünftigen Abschluss raus zu kommen. Wir wollen einen Abschluss, von dem beide – Brauerei und Handel – etwas haben. Unangenehm wird es, wenn ein einzelner Händler einer Brauerei so richtig schaden kann. Dann haben Sie die Hosen schon voll, wenn Sie nur dahin fahren. Das ist bei Erdinger nicht der Fall, wir sind gut und breit aufgestellt.
Eine starke Marke sichert den Absatzweg?
Schauen Sie: Wir müssten mit unseren 18 Außendienstlern theoretisch 40.000 Läden in Deutschland betreuen. Das ist nicht einmal ansatzweise möglich. Wenn dann einmal im Laden zwölf Sixpacks ins Regal eingeräumt wurden, kommt der nächste Außendienstler des Konkurrenten und räumt wieder um. Nein, wir müssen und können nur über die Marke für Begehrlichkeit bei Handel und Verbraucher sorgen. Das ist unsere einzige Möglichkeit.
Haben Sie Platzierungs-Tipps für unsere Leser?
Für uns ist der Block natürlich ideal, am liebsten unsere gesamte Weißbier-Range von den alkoholfreien Varianten über Urweisse bis hin zum Pikantus. Der Sixpack gehört immer in das Regal, am besten auf Augenhöhe, wo es sich am schnellsten dreht. Bei einem Preis von 4,99 Euro macht das auch dem Händler Spaß. Insgesamt hat der LEH aber ein vernünftiges Category Management und achtet auf die Schnelldreher.
Haben Sie keine Sorge vor dem Händler als Hersteller, Bier als Private Label?
Der Händler braucht uns doch. Mit Marken macht er sein Geschäft. Und er braucht uns auch, um seine Handelsmarken zu positionieren. Nach dem Motto „Auch gut, aber günstiger“. Die vergleichende Werbung über Marke und Handelsmarke von Lidl fand ich allerdings eine Katastrophe. Sollte der Discount seine aktuelle Geschäftspolitik fortführen, wird es dort auch in Zukunft kein Erdinger geben. Wir bieten beste Qualität und eine national durchgesetzte Spitzenmarke. Dafür müssen wir auch einen adäquaten Preis erzielen. Wir verzichten daher bei Aldi & Co. lieber auf Hektoliter und setzen weiter auf Preisstabilität sowie die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren Top-Partnern.
Sie haben das Preisdumping bei der Logistik angesprochen. Muss sich aber nicht auch die Industrie den Vorwurf mangelnder Wertschöpfung gefallen lassen?
Das ist richtig. Die größten Flaschen gibt es in der Braubranche. Wertschöpfung funktioniert hier seit Langem nicht mehr. Vor 30 Jahren hat eine Brezn ungefähr 20 Pfennig gekostet. Heute sind das schon 60 Cent. Das Gleiche gilt für andere Konsumgüter, für Kleidung, auch für die Miete. Nur das Bier kostet seit 30 Jahren in etwa das gleiche. Wenn sie aber an der Wertschöpfung nicht teilhaben, dann gibt es auch nichts zu verteilen. Ein Getränk, das nichts kostet, ist eben auch nichts wert.
Mal ganz konkret: Wer ist verantwortlich?
Diejenigen, die mit Preisdumping den Markt für sich gewinnen und andere eliminieren wollen. Wir konkurrieren doch auch mit anderen Sorten wie Pils. Die Kiste Pils liegt bei 10 Euro, Weißbier kostet mehr als 16. Das dem Verbraucher zu vermitteln, wird schwierig, auch wenn Weißbier nach wie vor als eine Spezialität gilt. Die Weißbierbranche hat sich bei diesem Unterbietungskampf relativ wacker geschlagen. Über die meisten unserer
Wettbewerber wie Maisel, Schneider oder Paulaner kann ich kein schlechtes Wort verlieren. Einer unserer Hauptwettbewerber, Franziskaner, fährt allerdings voll diese Dumping-Preis-Strategie mit einem Aktionsanteil von mehr als 70 Prozent. Da geht dann das Gefühl für den angemessenen Preis bei den Verbrauchern verloren. Aber dieses Problem wird sich von alleine erledigen. Das hält keine Marke auf Dauer durch.
Wie hoch ist der Aktionsanteil bei Erdinger?
Knapp 40 Prozent.
Ob Aktion oder nicht, ist nicht der Handel verantwortlich für den Preis?
Grundsätzlich ja. Wenn wir über Aktionen sprechen, relativiert sich das etwas. Ein Hersteller überlegt sich, wie viele Aktionswochen er im Jahr haben möchte. Die kauft er sich mit den dazugehörigen Schweinebauchanzeigen. Dabei kann er den Höchstpreis verhandeln, den der Handel in der Regel nicht überbietet. Bei einem hohen Aktionsanteil hat der Hersteller also durchaus maßgeblichen Einfluss auf das Preisgefüge seiner Produkte. Wir diskutieren nie den Ladenverkaufspreis.
Erdinger hat neben anderen Brauereien 2017 den Preis ab Rampe erhöht. Wird es weitere Erhöhungen geben?
Sicher! Je schneller desto besser (lacht)!
Wie bewerten Sie die Tendenz einiger Hersteller das Trademarketing von dem Produkt Bier abzukoppeln?
Wenn ich sehe, dass Krombacher 24 Millionen Euro verlost, dann ist das für mich völlig irre. Das zahlt nicht auf die Marke ein. Keiner kauft dann das Bier, weil er die Marke gut findet. Die Branche ist verrückt. Wenn Sie eine starke Marke anderer Branchen kaufen, wie zum Beispiel einen Adidas-Schuh, dann gibt es dazu auch nichts geschenkt. Wir würden niemals das Trademarketing von der Marke lösen, nur um mehr Absatz zu machen. Alle Aktionen müssen immer auf die Marke Erdinger einspielen, auf die Tradition, die Herkunft und das Lebensgefühl.
Die Situation auf dem Biermarkt führt auch zu immer stärkerer Konsolidierung und Erosion. Ihr Kommentar zum Verkauf von Hasseröder und Diebels?
Wenn die neuen Eigentümer das wieder hinbekommen, dann wäre das nobelpreisverdächtig (lacht). Ich glaube, das ist ein Fake. Es wurde nur einer gesucht, der das Ganze abwickeln soll. (Zum Redaktionsschluss wurde bekannt, dass der Deal mit dem Investment-Unternehmen CKCF vor dem Aus steht. Anm. d. Redaktion)
Kommen wir zurück zu Erdinger. Wie lief das Geschäft 2017, und was sind die Erwartungen an die Zukunft?
2017 haben wir unter dem schlechten Wetter etwas gelitten und uns absatzmäßig marginal negativ entwickelt. Wir haben genug Möglichkeiten, das schwierige Geschäft bei den Standard-Sorten mit Neuheiten wie den alkoholfreien Mischgetränken oder unserem Stiftung Hell zu kompensieren. Unser wichtigster Anspruch ist, auch in Zukunft genügend Geld zu erwirtschaften, um unseren Mitarbeitern für ihre Arbeit einen anständigen Lohn zu zahlen. Preislich wird es nur nach oben gehen. Jedenfalls so lange ich hier bin (lacht).