Geldverschwendung oder Chance? Gründe für und gegen Krisen-Kampagnen.
Händler und FMCG-Hersteller werben auch in der Corona-Krise. Zuerst ging es darum, den Mitarbeitern im stationären Lebensmitteleinzelhandel für ihr Engagement trotz erhöhter Corona-Erkrankungsgefahr zu danken, gefolgt von Kampagnen, die den im Home-Office arbeitenden und durch Schul- und Kita-Schließungen doppelt belasteten Familien Mut machen sollten. Die dritte Werbewelle versucht es mit Humor und Appell. Warsteiner plakatierte: „Diese Werbung solltest Du gar nicht sehen!“ Die Erklärung folgte von Marcus Wendel, Marketing Direktor der Warsteiner Gruppe: „Wir haben uns intensiv damit auseinandergesetzt, ob und wie wir in diesen Zeiten gebuchte Werbeflächen bespielen möchten oder – so wie viele andere auch – alles auf die Zeit nach dem Stillstand legen. Wir haben uns dazu entschieden, jetzt, zu Zeiten von Kontaktverbot und Ausgehbeschränkungen ein Zeichen für mehr Solidarität und Zusammenhalt zu setzen.“ Eine ähnliche Idee hatte Hohes C und warb mit „Wir danken allen, die dieses Plakat nicht sehen“.
Pro Werbung in der Krise
Gerade Händler nutzen die Krise, um ihre systemrelevante Bedeutung hervorzuheben. Doch auch für FMCG-Hersteller gibt es gute Gründe, in der Krise für die Marke zu werben.
Werbung mit aktuellem Bezug kommt an!
Für drei Viertel der Bevölkerung sind das Corona-Virus und seine Folgen das beherrschende Thema in der Alltags-Kommunikation. Das darf und soll sich auch in der Werbekommunikation widerspiegeln: Demnach kommt es bei der großen Mehrheit der Bürger gut an, wenn Unternehmen in der Ausnahmesituation Gesicht zeigen und mit entsprechender Werbung ihre Haltung gegenüber der Gesellschaft und ihren Mitarbeitern deutlich machen. So das Ergebnis einer repräsentativen Befragung, die die ZMG Zeitungsmarktforschung im Auftrag des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) Ende März durchgeführt hat.
Wer macht’s so? Der Lebensmittelhandel sowie einige Hersteller. Die irische Biermarke wirbt in der Coronakrise beispielsweise mit dem Slogan: „Don’t worry, we‘ll march again.“
Weniger Konkurrenz
Die Agenturgruppe Serviceplan hat den Zusammenhang von Werbeverhalten und Marktanteilen analysiert und festgestellt: Marken, die in den vergangenen beiden Krisen 2003 und 2009 ihre Marketingausgaben erhöht haben, konnten anschließend einen deutlich höheren Marktanteil verzeichnen. Warum? Wenn weniger Werbung geschaltet wird, ist die Wirkung einzelner Maßnahmen größer.
Wer macht’s so? Größter Werbetreibende bleibt Procter & Gamble (März +14,5 Prozent / Quelle: Nielsen). An zweiter Stelle platziert sich Ferrero (März +30,2 Prozent/ Quelle: Nielsen).
Virginie Helias, Chief Sustainability Officer P&G, spricht darüber wie wichtig #SustainabilityAtHome ist. Während wir mehr Zeit zu Hause verbringen, möchten wir einfache Tipps geben, die uns helfen können, wie wir besser für uns und unseren Planeten sorgen https://t.co/KHqHX7K6Oa
Auch die Süßwarenmarke Katjes plädiert lautstark fürs Werben in der Kise. Volker Weinlein, Chief Marketing Officer von Katjes International, sagte in einem Branchenmagazin: „Wir investieren, weil wir an die Marke glauben und ausbauen wollen.“
Keine Werbung hat vermutlich Folgen
Das Marktforschungsunternehmen Kantar geht davon aus, dass eine sechsmonatige Werbepause im Fernsehen zu einer 39-prozentigen Verringerung des gesamten Bekanntheitsgrades der Markenkommunikation führen kann. Dadurch werde möglicherweise auch der wirtschaftliche Aufschwung nach der Pandemie verzögert.
Kontra Werbung in der Krise
Gleichzeitig gibt es Dinge, die den Verbrauchern in der Krise wichtiger sind als eine Anzeige. Auch das zeigt die Kantar-Studie.
Unternehmen sollten sich um ihre Mitarbeiter kümmern
Die Verbraucher erwarten von Unternehmen, dass sie sich in erster Linie um ihre Mitarbeiter kümmern. 78 Prozent sagen, dass sie dazu beitragen sollen, die Gesundheit der Mitarbeiter sicherzustellen und 62 Prozent wünschen sich die Umsetzung von flexiblen Arbeitszeiten für Mitarbeiter.
Untersützen statt werben
41 Prozent erwarten von Unternehmen die Unterstützung von Krankenhäusern und 35 Prozent eine Unterstützung für die Regierung. So stoppte beispielsweise Coca-Cola in vielen Ländern alle Werbeaktivitäten und leitet geplante Werbebudgets stattdessen in die humanitäre Hilfe gegen COVID-19 um. Die Botschaft: Wir sind solidarisch mit unseren Konsumenten. Das Ziel: langfristige Markenbindung statt kurzfristiger Werbegewinne.
Wir haben uns dazu entschieden, unsere kommerzielle Werbung in dieser schwierigen Zeit auszusetzen. Gemeinsam mit unseren Abfüllpartnern und unserer Stiftung The Coca-Cola Foundation spenden wir weltweit 120 Millionen Dollar für COVID-19 Hilfsmaßnahmen. pic.twitter.com/00vSzvFK9I
Viele Unternehmen spenden gerade eher Still und Heimlich, satt ihre Hilfe lautstark in den Medien zu verbreiten. Zu groß ist die Angst, als Krisengewinner da zu stehen. Niemand will die Situation ausnutzen. Die Kantar-Studie zeigt, welche Werbung die Verbraucher sich wünschen:
Für Marken, die weiterhin Werbung betreiben, erwartet eine klare Mehrheit der Verbraucher, dass diese einen positiven gesellschaftlichen Beitrag leistet.
„Sprechen Sie darüber, wie die Marke im neuen Alltag hilfreich ist“: 77 Prozent
„Informieren Sie über ihr Engagement in der aktuellen Situation“: 75 Prozent
„Kommunizieren Sie in einem beruhigenden Ton“: 70 Prozent
Wenn werben, wo?
Zeitung, TV, Radio oder doch eher digitale Medien? Der Lebensmittelhandel ist auf allen Kanälen aktiv und gibt ordentlich Geld aus. Das Medienbeobachtungsunternehmen AdVision digital GmbH sieht die traditionellen Medien als Krisengewinner.
Tageszeitung (31,5 Millionen Euro): Das Bundesministerium für Arbeit, Idealo und Lidl investierten.
Fernsehen (25,4 Millionen Euro): Das meiste Geld gaben Edeka, das Bundesministerium für Gesundheit sowie der Lebensmittelhandel Aldi, Penny, Lidl aus.
Radio (5,6 Millionen Euro): Auch hier war der Lebensmittelhandel größter Werbetreibender.
Es wird anders!
Die Geschäftsführung von Rossmann teilte mit: „Diese Krise wird die Wirtschaft nachdrücklich verändern und sich auch auf das Konsumverhalten unserer Kundinnen und Kunden auswirken.“ Deshalb ist entscheidend, wie sich Marken verhalten. Werbung kann dabei eine Rolle spielen. Der Handel stärkt sein Image durch Dankes-Kampagnen. Gleichzeitig werden viele Menschen weniger Geld zur Verfügung haben. Die Vermutung liegt nahe, dass das den Eigenmarken der Händler in die Hände spielen könnte. Fest steht: Letztlich stimmt der Kunde immer mit den Füßen ab. Und das wird 2020 besonders spannend.
Geldverschwendung oder Chance? Gründe für und gegen Krisen-Kampagnen.
Händler und FMCG-Hersteller werben auch in der Corona-Krise. Zuerst ging es darum, den Mitarbeitern im stationären Lebensmitteleinzelhandel für ihr Engagement trotz erhöhter Corona-Erkrankungsgefahr zu danken, gefolgt von Kampagnen, die den im Home-Office arbeitenden und durch Schul- und Kita-Schließungen doppelt belasteten Familien Mut machen sollten. Die dritte Werbewelle versucht es mit Humor und Appell. Warsteiner plakatierte: „Diese Werbung solltest Du gar nicht sehen!“ Die Erklärung folgte von Marcus Wendel, Marketing Direktor der Warsteiner Gruppe: „Wir haben uns intensiv damit auseinandergesetzt, ob und wie wir in diesen Zeiten gebuchte Werbeflächen bespielen möchten oder – so wie viele andere auch – alles auf die Zeit nach dem Stillstand legen. Wir haben uns dazu entschieden, jetzt, zu Zeiten von Kontaktverbot und Ausgehbeschränkungen ein Zeichen für mehr Solidarität und Zusammenhalt zu setzen.“ Eine ähnliche Idee hatte Hohes C und warb mit „Wir danken allen, die dieses Plakat nicht sehen“.
Pro Werbung in der Krise
Gerade Händler nutzen die Krise, um ihre systemrelevante Bedeutung hervorzuheben. Doch auch für FMCG-Hersteller gibt es gute Gründe, in der Krise für die Marke zu werben.
Für drei Viertel der Bevölkerung sind das Corona-Virus und seine Folgen das beherrschende Thema in der Alltags-Kommunikation. Das darf und soll sich auch in der Werbekommunikation widerspiegeln: Demnach kommt es bei der großen Mehrheit der Bürger gut an, wenn Unternehmen in der Ausnahmesituation Gesicht zeigen und mit entsprechender Werbung ihre Haltung gegenüber der Gesellschaft und ihren Mitarbeitern deutlich machen. So das Ergebnis einer repräsentativen Befragung, die die ZMG Zeitungsmarktforschung im Auftrag des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) Ende März durchgeführt hat.
Wer macht’s so? Der Lebensmittelhandel sowie einige Hersteller. Die irische Biermarke wirbt in der Coronakrise beispielsweise mit dem Slogan: „Don’t worry, we‘ll march again.“
Die Agenturgruppe Serviceplan hat den Zusammenhang von Werbeverhalten und Marktanteilen analysiert und festgestellt: Marken, die in den vergangenen beiden Krisen 2003 und 2009 ihre Marketingausgaben erhöht haben, konnten anschließend einen deutlich höheren Marktanteil verzeichnen. Warum? Wenn weniger Werbung geschaltet wird, ist die Wirkung einzelner Maßnahmen größer.
Wer macht’s so? Größter Werbetreibende bleibt Procter & Gamble (März +14,5 Prozent / Quelle: Nielsen). An zweiter Stelle platziert sich Ferrero (März +30,2 Prozent/ Quelle: Nielsen).
Auch die Süßwarenmarke Katjes plädiert lautstark fürs Werben in der Kise. Volker Weinlein, Chief Marketing Officer von Katjes International, sagte in einem Branchenmagazin: „Wir investieren, weil wir an die Marke glauben und ausbauen wollen.“
Das Marktforschungsunternehmen Kantar geht davon aus, dass eine sechsmonatige Werbepause im Fernsehen zu einer 39-prozentigen Verringerung des gesamten Bekanntheitsgrades der Markenkommunikation führen kann. Dadurch werde möglicherweise auch der wirtschaftliche Aufschwung nach der Pandemie verzögert.
Kontra Werbung in der Krise
Gleichzeitig gibt es Dinge, die den Verbrauchern in der Krise wichtiger sind als eine Anzeige. Auch das zeigt die Kantar-Studie.
Die Verbraucher erwarten von Unternehmen, dass sie sich in erster Linie um ihre Mitarbeiter kümmern. 78 Prozent sagen, dass sie dazu beitragen sollen, die Gesundheit der Mitarbeiter sicherzustellen und 62 Prozent wünschen sich die Umsetzung von flexiblen Arbeitszeiten für Mitarbeiter.
41 Prozent erwarten von Unternehmen die Unterstützung von Krankenhäusern und 35 Prozent eine Unterstützung für die Regierung. So stoppte beispielsweise Coca-Cola in vielen Ländern alle Werbeaktivitäten und leitet geplante Werbebudgets stattdessen in die humanitäre Hilfe gegen COVID-19 um. Die Botschaft: Wir sind solidarisch mit unseren Konsumenten. Das Ziel: langfristige Markenbindung statt kurzfristiger Werbegewinne.
Wenn werben, wie?
Viele Unternehmen spenden gerade eher Still und Heimlich, satt ihre Hilfe lautstark in den Medien zu verbreiten. Zu groß ist die Angst, als Krisengewinner da zu stehen. Niemand will die Situation ausnutzen. Die Kantar-Studie zeigt, welche Werbung die Verbraucher sich wünschen:
Für Marken, die weiterhin Werbung betreiben, erwartet eine klare Mehrheit der Verbraucher, dass diese einen positiven gesellschaftlichen Beitrag leistet.
Wenn werben, wo?
Zeitung, TV, Radio oder doch eher digitale Medien? Der Lebensmittelhandel ist auf allen Kanälen aktiv und gibt ordentlich Geld aus. Das Medienbeobachtungsunternehmen AdVision digital GmbH sieht die traditionellen Medien als Krisengewinner.
Es wird anders!
Die Geschäftsführung von Rossmann teilte mit: „Diese Krise wird die Wirtschaft nachdrücklich verändern und sich auch auf das Konsumverhalten unserer Kundinnen und Kunden auswirken.“ Deshalb ist entscheidend, wie sich Marken verhalten. Werbung kann dabei eine Rolle spielen. Der Handel stärkt sein Image durch Dankes-Kampagnen. Gleichzeitig werden viele Menschen weniger Geld zur Verfügung haben. Die Vermutung liegt nahe, dass das den Eigenmarken der Händler in die Hände spielen könnte. Fest steht: Letztlich stimmt der Kunde immer mit den Füßen ab. Und das wird 2020 besonders spannend.